Inhalt:
Katharina: Mein Leben lang wollte ich jemandem gehören, dem an mir etwas liegen würde. Und nun merke ich, dass ich genau diese Leute schon seit Jahren um mich herum habe.
Dennoch fühle ich mich einsam.
Keiner der Männer, auf die ich mich eingelassen habe, kann Max das Wasser reichen. Aber schließlich will ich ja auch keinen wie Max. Ich will Max …
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Herz Schlag 3
Herz Schlag
3
SM-Roman
© 2020 Zoe Zander
Herz Schlag 3
BDSM-Roman
Alle Rechte vorbehalten
Cover und Covergestaltung: Jeanette Peters
Buchsatz und Textgestaltung: Zoe Zander
Korrektorat: Stefanie Brandt
Leseeulen – Verlag
Selbstverlag
Jeanette Peters
Dörwerstraße 68
44359 Dortmund
Email: Leseeulenverlag@gmx.de
Zander.Zoe@gmail.com
Autorenseite: www.zoe-zander.at
Danke an alle, die Katharina die Treue gehalten haben.
Das Buch
Katharina hat wieder ein Ziel vor Augen und schaut voller Pläne und Zuversicht in die Zukunft.
Mit einer neuen Beziehung scheint auch das Glück zu ihr gefunden zu haben.
Während für die meisten die Hochzeitsglocken nach Liebe, Glück und Freude klingen, lösen diese bei Max Alarm aus …
Informationen zur Autorin finden Sie am Ende des Buches.
Gebunden
Mit vielen Fragen
und Wirrwarr im Kopf
folgte ich neugierig deinem Ruf.
Deinem prüfenden Blick
musste ich bestehen
nackt – wie Gott mich schuf.
Das Feuer entfacht,
von Flammen verschlungen –
wurde ich berührt von deiner Hand.
Mit einem Schlag
der Sinne beraubt,
rieselte ich zu Boden wie aus Sand.
Mein eigener Schrei
wie das Klirren des Glases
zerschmettert an der Mauer.
Tränen wie Perlen
liefen über die Wangen.
Beides kein Ausdruck der Trauer.
Kniend vor dir,
mit gesenktem Blick,
in Demut schenkte ich dir mein Herz.
Den leeren Platz
in meiner Brust
gefüllt hast du mit Pein und Schmerz.
Dein zufriedener Blick
minderte mein Leiden,
für Heilung der Wunden sorgte dein Kuss.
Dafür vertraue ich dir blind,
heute wie morgen,
weil ich es will, nicht weil ich muss…
© Zoe Zander
Prolog
Das Feuer in der Mülltonne flackert. Ich halte die Hände über den Flammen, falte sie in alle möglichen Figuren zusammen, aber die Schatten an dem Betonpfeiler sehen nicht annähernd irgendeinem Tier ähnlich.
„Eh klar“, murmle ich desillusioniert. Stets von allen als unfähig, tollpatschig, dumm und sonst wie bezeichnet – hege ich selbst keinerlei Erwartungen mehr an mich.
„Rina!“
Ich drehe mich der herrischen Stimme nach. Ein Typ nickt mich zu sich. Ich versuche es noch ein Mal mit einem Adler, aber nach vier Bier und drei Feiglingen jagt mir der monströse Schatten richtig Angst ein. Ich flüchte mich also zu dem Typen, der auf einer versifften Matratze im Schneidersitz sitzt.
„Na“, streckt er mir die geballte Faust entgegen, worauf ich ihm meine offene Handfläche reiche. „Mach du das. Ich hasse Nadeln.“
„Gut“, knurre ich ihn an. „Aber zapple nicht so herum, wie das letzte Mal.“ Ich setze mich zu ihm auf die Matratze. „Und wo ist meins?“, frage ich nach, während er mir den Löffel mit dem aufgelösten Stoff entgegen reicht.
„Da“, wirft er mir mit der anderen Hand die Sachen zu.
„Hey, nicht in den Dreck!“, fahre ich ihn an und mache mich auf seinem, mit nicht abgeheilten Blutkrusten und Blutergüssen bedeckten, Unterarm auf die Suche nach der Vene.
„Scheiß dich nicht an“, entgegnet er und schenkt mir einen Augenaufschlag, den man fast schon als Vorspiel deuten könnte. Es bleibt jedoch nur bei dem Augenaufschlag, denn, kaum fängt das Zeug zu wirken, driftet er völlig ab und all das, was wir uns für diesen Abend ausmachten, bleibt unerfüllt.
„Arschloch“, gebe ich ihm einen Kosenamen und schubse ihn zur Seite. Nicht, dass er auf mich fällt, wenn ich grad am Fixen bin.
„Hey.“
Ich hebe den Kopf hoch und mustere den Typen, der sich hier schon an ein paar Abenden blicken ließ. „Hey …“, versuche ich mich auf seinen Namen zu erinnern.
„Tom“, hilft er mir auf die Sprünge und bietet mir seine halbleere Wodkaflasche an. Ich lege den vom Ruß geschwärzten Löffel und die noch steril verpackte Spritze samt Nadel zur Seite und nehme sein Angebot an. Die Nacht ist schließlich noch jung …
Tom setzt sich zu mir auf die Matratze, worauf ich den Anderen mit aller Kraft ein Stückchen weiter schiebe, damit Tom und vor allem seine Wodkaflasche auf der Matratze mehr Platz haben.
Wir wechseln uns mit den Lippen an den Flaschenhals ab. Ich starre dabei in den Regen, der wie ein Vorhang am Rand des Brückengewölbes hinunter fließt. Nach einem weiteren Schluck reiche ich ihm die Flasche zurück, aber diesmal legt er die Hand auf meine, was mich dazu bringt, ihn anzusehen. Kaum drehe ich den Kopf zur Seite, presst er auch schon seine Lippen auf meine und haucht mich dabei unanständig an. Es ist irgendwas zwischen Stöhnen und Rülpsen, was mir allerdings egal ist, wie auch die Zuschauer und ebenso der Ort, auf dem wir es gleich miteinander treiben werden.
Die Jungs nennen es Quickie. Zum allerersten Mal mache ich mir Gedanken, woher der Begriff stammt. Ich denke tatsächlich an Schweine und Ferkel, denn manche der Jungs grunzen und quieken dabei wie diese. Nicht Tom. Er schnauft mir nur die ganze Zeit wie eine Lokomotive ins Ohr und ich kann an nichts anderes denken, wie an seine Hand. Die warme Hand, mit der er meine linke Pobacke festhält, während er mich penetriert, sich an meinem Schoß reibt und mir weiterhin zwischen den feuchten Küssen ins Ohr pustet.
Ich starre an ihm vorbei. An den Meisten starre ich beim Sex vorbei, denn kaum einer schaut mir dabei in die Augen. Trotz des lauten Schnaufens höre ich den Regen prasseln. Aus einer der Entwässerungsrinnen tropft das Wasser in unmittelbarer Nähe. Ich mag diese Geräusche. Sie sind entspannend und geben mir das Gefühl – fortgetragen zu werden. Ich selbst, meine Sorgen, einfach alles. Ich starre weiterhin in die Dunkelheit hinaus und im selben Moment, als er sich hochdrückt, um seine Hose zuzumachen, frage ich mich, ob so ein Regentropfen länger von der Wolke bis zum Boden brauchte, als Tim vom Anfang bis zu seinem Höhepunkt. Tom. Oder wie auch immer der Typ heißt, dessen Namen bei mir längst wieder in Vergessenheit geriet.
„Komm, Rita“, zieht er mich auf die Beine, gerade als ich mir die Kleider wieder richten will.
Mir fällt auf, dass er es ebenfalls nicht so mit den Namen hat. Aber es stört mich nicht im Geringsten. Ich folge ihm. Der Rest der Clique ist entweder weg oder zumindest weggetreten. Alleine in den Regen starren macht nur dann Sinn, wenn ich wirklich alleine bin. Also lasse ich mich von ihm aus dem Trockenen in das Unwetter ziehen.
„Bock auf eine Spritztour?“, deutet er kopfnickend zu einer dunklen Karre.
„Hach, wie cool. Daddys Auto …“, ätze ich gelangweilt.
„Nix da, das Auto des Alten. Schau dir das Kennzeichen an.“
In meinen Augen blitzt es so hell auf, dass ich regelrecht geblendet bin. „Ist ja geil!“, grinse ich begeistert und stelle mir bereits vor, wie meine Alten reagieren werden, wenn mich die Polizei vorführt und sagt, dass man mich in einer Diplomatenlimousine erwischte. „Und – wohin?“
„Mal sehen“, zuckt er mit den Schultern. „Das Wetter wäre eigentlich perfekt fürs Russische Roulett“, zaubert er urplötzlich eine Papiertüte mit der nächsten Wodkaflasche her. Diese ist noch verschlossen.
„Hn“, brumme ich nur und sehe zurück zu dem Typen, der immer noch auf der Matratze liegt. Genau so, wie ich ihn zusammenstauchte. Das letzte Mal spielten wir zu dritt dieses Spiel. Damals mit geschwärzten Spritzen. Während der vollgedröhnte Typ und ich Nieten zogen und nach dem Schuss davon gedriftet waren, transportierte man den Dritten wenig später nach einem durch Embolie hervorgerufenen Schlaganfall im Eisensarg weg.
Im Auto bedeutete dieses Spiel, mit Vollgas eine enge, kurvenreiche Strecke den Berg hinunter zu rasen. Kam man unten unversehrt an, hat man verloren.
Während ich noch über den Eisensarg nachdenke und ebenso über den Jungen, den ich auf der Matratze zurückließ, rasen wir bereits den Berg hinauf. In manchen Kurven drehen die Reifen auf der nassen Fahrbahn durch, anderswo schiebt es uns das Heck von dem Asphalt ins Gras, das am Straßenrand wächst.
Tim, Tom … Ist auch egal – scheint nachzudenken. Immer wieder zieht er die Augen zu dünnen Schlitzen zu, starrt stumm durch die Scheibe hinaus in die verregnete Nacht und nagt gelegentlich an seinem Daumen.
„Schiss?“, frage ich, als interessierte es mich wirklich. Wegen all der Misserfolge, die ich bislang verbuchte, als ich versuchte aus dem Leben zu scheiden, sehe ich mich spätestens in einer halben Stunde wieder zurück auf der Matratze. Gerade rechtzeitig, um dem anderen Typen noch ins Nirwana nach zu driften.
Am Start spenden wir dem Flascheninneren noch frische Luft. Bei schnick schnack schnuck schlage ich mit Stein seine Schere, was mir den Part des ausgelieferten Beifahrers beschert und dann geht es auch schon den ganzen Weg wieder zurück. Mir schlägt der Alkohol auf das Gleichgewicht, weshalb ich mich mit den Füßen am Armaturenbrett abstütze, um nicht kopfüber gegen die Windschutzscheibe zu knallen. Vom Angurten hält nämlich keiner von uns etwas. Im Radio spielen sie irgendeinen schnulzigen Schlager, worauf wir uns beide ansehen, die Augen verdrehen und zu lachen anfangen. Als ich den Blick wieder nach vorne richte, sehe ich einen breiten Baumstamm auf uns zurasen. Die Karosserie wird verbogen, als wäre es lediglich Alufolie. Der Lärm ist ohrenbetäubend. Die Dunkelheit schier bodenlos und der Schmerz …
Katharina
Tag 1
Der Schmerz ist so präsent, so unerträglich, dass mir alle möglichen Szenen vor den geschlossenen Augen umher schießen, wie zum Beispiel die, in der ich im Wrack eingeklemmt bin und mir ein Ast oder irgendein Teil des Wagens im Bauch steckt. „Ein Alptraum“, bedenke ich all der anderen Szenen, die sich langsam im Nebel der Betäubung auflösen und in denen es von ausgefallenen Sexpraktiken handelt. Samt den zwei Männern, die dabei eine entscheidende Rolle spielen. Als ich die Augen endlich öffne, finde ich mich in einem sterilweißen Raum irgendeines Krankenhauses wieder, seufze erleichtert und schiebe die perversen Phantasien dem vermuteten Koma zu. Ich atme einmal tief durch.
Dann fällt mein Blick auf den Ring, den ich am Finger trage und mir wird schlagartig klar, welche Szenen der Realität angehören und welche dem Déjà-vu. Ich fasse mir mit der Hand an die linke Pobacke. Von langem Liegen ist sie taub, dennoch spüre ich einen warmen Abdruck. Als wäre es erst vor Minuten passiert und nicht vor Jahrzehnten. Mir drängen sich noch nie gestellte Fragen auf. Was wäre aus dem Jungen geworden, hätte er statt mir den Unfall überlebt – ist eine davon.
Ich fühle mich wie eine Versagerin, als genau die Versagerin, für die mich meine Eltern die ganze Zeit hielten. Daraufhin zieht sich meine Lunge zusammen und mir bleibt die Luft weg. Als hätte ich das Loch nicht im Bauch, sondern in der Brust und man würde es mit einem Druckverband verschließen wollen. „Oh, Gott“, schnappe ich panisch nach Luft und fülle meine Lunge mit einem aufdringlichen Vanilleduft, der mich zum Würgen bringt.
Hinter dem Vorhang, der mein Bett von dem anderen Bett trennt, rumort es. Wenige Sekunden später kommt eine Frau um den Vorhang herum und bleibt beim Fußende meines Bettes stehen. Sie mustert mich eine Weile, ehe sie den Mund öffnet: „Was hast du nur, dass er dir so gut gesinnt ist?“
Im ersten Augenblick halte ich sie für eine durch Schmerzmittel hervorgerufene Halluzination. Vielleicht hatte ich zu viel Blut verloren, war lange Zeit ohne Sauerstoff und erlitt in Folge dessen einen Dachschaden, sodass ich plötzlich Stimmen höre und Gestalten sehe, die es gar nicht gibt. So, wie ich es bei Andy vermute, wenn er sich nicht an die Medikation hält. Doch dann betrachte ich ihr lockiges Haar und den dunklen Teint … Ich rümpfe die Nase, will mich dem abscheulichen Duft entziehen.
„Wie bitte?“ Ich frage mich, was sie hier her führt.
„Du hättest an seiner Stelle ins Gras beißen sollen. Dem Sohn den Vater nehmen und dann auch noch das Geld, das alleine ihm zusteht. Jetzt auch noch seine Freiheit und die Freiheit seines Bruders …“
Das also sucht sie hier. Meine Eltern können mir keine Vorwürfe mehr machen, also bekomme ich sie von der Mutter eines anderen vorgetragen.
Es folgen noch etliche Anschuldigungen und Vorschläge, was das Schicksal oder gar der Gott hätte mit mir anstellen sollen, anstelle von Thomas, Max oder sogar Andy.
Ich lasse sie zu Ende sprechen und hülle mich ins Schweigen, was sie sichtbar irritiert. Da ich auch nach einer ganzen Weile immer noch keine Silbe von mir gebe, dreht sie sich schließlich um und will gehen.
„Was wollen Sie hier wirklich? Und kommen Sie mir nicht mit dem Verlangen nach Aussprache. Wieso haben Sie es nicht getan, als ich noch schlief?“
Sie erschauert und ich könnte echt lachen, wenn mein Bauch nicht so verdammt wehtun würde.
„Haben Sie plötzlich Zweifel, es nicht besser machen zu können, als Ihr Sohn?“
Ihre Handtasche ist groß genug, um darin ein Fleischmesser zu verstecken. Das würde auf jeden Fall nicht so viel Lärm verursachen wie eine Schusswaffe …
In ihrer Körperhaltung zeichnet sich Wut ab. Sie dreht sich zu mir um, doch bevor sie einen Schritt zurück zu meinem Bett setzt, fahre ich fort: „Ich habe ihn angefleht, er soll mich gehen lassen …“
„Max ist ein herzensguter Mensch …“, kommt sie mir mit dieser Leier.
Ich weiß, dass Tiere auf jeden Fall Platz in seinem Herzen haben. Bei Menschen bin ich mir nicht so sicher. Die kommen bestimmt erst nach dem Geld dran.
Ich überlege, ob ich sie bitten soll, das Fenster zu kippen. Doch dann begreife ich, dass ich den Duft nicht loswerde, ehe sie nicht geht. Es ist keine Duftkerze, die irgendwo für gute Laune sorgen soll. Auch kein Duftbäumchen, das eigentlich in einem Auto hängen sollte. Es ist ihr Parfüm.
Ich kaue ein paar Sekunden an meiner Unterlippe, bevor es aus mir herausplatzt: „Ich meinte den Gott!“, brülle ich sie aus vollem Halse ungehalten an.
Sie bekommt große Augen, aber das war es dann auch mit der Reaktion.
„Thomas hat mich ausgesucht und nicht umgekehrt, als mich mein missglückter Selbstmordversuch auf seinen OP-Tisch brachte. Und als bei ihm der Tumor entdeckt wurde, flehte ich Gott an, dass er mich statt ihn nimmt.“
Sie verdreht theatralisch ihre großen braunen Augen.
„Ich weiß nicht, was Thomas dazu bewog, Sie zu verlassen.“
Die Wutfalte auf ihrer Stirn geht in der Zornesröte völlig unter.
Ich wusste nichts über die früheren Beziehungen meines Mannes. Aber mich hat er nicht ziehen lassen wollen. Hätte ihm jemals etwas an ihr gelegen, wären sie mit Garantie noch zusammen. Egal, ob es ihr gepasst hätte oder nicht. Und damit liege ich wohl richtig.
„Hätte man Thomas mit einer Organtransplantation retten können, hätte ich mir freiwillig das Leben genommen.“ Das wiederum ist eine dreiste Lüge. Bei all den Misserfolgen, die ich in meinem Leben schon verbuchte, wäre ich mit Garantie immer noch am Leben und er trotzdem tot. „Ich wollte mit ihm mit. Und als das mit dem Tausch – mein Leben gegen seins – nicht funktionierte, habe ich Thomas angefleht, mich mitzunehmen. Aber er wollte es nicht. Ob es an dem Eid lag, den er als Arzt abgelegt hatte – weiß ich nicht. Hätte er meinen Kreislauf mit Luft vollgepumpt, wäre Max der Alleinerbe gewesen. Und was Max angeht …“ Ich versuche mich aufzusetzen, was mir misslingt. Sie sieht mir dabei reglos zu, nicht gewillt, mir zu helfen. „Auch er hat mich nicht gehen lassen wollen. Weder aus seiner Burg noch, als er zu mir ins Haus kam …“ Ich schlucke. „Sie wissen ja, was ich meine.“
„Du sollst Höllenqualen leiden! Und nie glücklich werden, für den Rest deines Lebens!“, faucht sie mich an.
Ein Augenzwinkern lang überlege ich, ob ich vielleicht schon bei der Geburt verflucht worden bin. „Das sagt jetzt wer?“, frage ich nach. „Etwa die Mutter, die nicht im Gerichtssaal erschienen war? Weder, um dem einem Sohn beizustehen noch, um sich um den anderen zu kümmern?“
Ihre Haltung wirkt urplötzlich steif. „Sowas muss ich mir nicht anhören!“
„Mir scheint, Sie haben nicht vor, meine Höllenqualen und Unglück zu beenden. In diesem Fall rate ich Ihnen tatsächlich zu gehen, denn ich komme gerade so richtig in Fahrt“, blinzle ich sie an, worauf sie laut schnaubt. Sie dreht sich pfeilschnell um und geht. „Feiges Huhn!“, rufe ich ihr laut lachend hinterher und verstumme schlagartig, als Michael das Zimmer betritt. Nicht, weil er da ist, sondern, weil mein wunder Bauch das Schütteln beim Lachen nicht erträgt.
„Wer war das?“, sieht er ihr nach.
„Hat sich im Zimmer geirrt“, lüge ich ihn an und fasse mir erneut an die Pobacke, an der ich immer noch die Hand des Jungen spüre …
Tag 20
„Danke, dass du mich mitgenommen hast. Es ist wirklich sehr schön hier.“
„Echt?“, frage ich verwundert.
„Nee“, prustet er. „Hinter uns donnern im Sekundentakt die Siebentonner. Der Platz reicht gerade so für meine halbe Arschbacke. Ununterbrochen habe ich das Gefühl, jeden Moment abzurutschen. Aber ja. Der Blick nach unten hat etwas Beruhigendes. Wenn einem bei all den Wellen nicht kotzübel wird.“ Michael zieht sich an der Brüstung hoch und klettert über das Gelände zurück auf die Brücke. Dort würgt er einmal, bevor sich sein Blick endlich beruhigt, und der Magen die Ruhe bekommt, nach der er sich sehnt.
„Memme“, lache ich ihn aus.
Michael spuckt auf den Asphalt, dann beugt er sich erneut über die Brüstung und schaut auf mich herab. Ich sitze weiterhin auf dem schmalen Streifen, baumle mit den Füßen in der Luft und starre in das fließende Gewässer.
„Offensichtlich habe ich Thomas falsch verstanden. Ich befürchtete immer, du denkst ständig an den Tod.“
„Tu ich ja auch.“ Ich hebe den Blick und sehe in die Ferne. „Aber, wer will schon ewig lang im kalten Wasser nach Luft ringen. Schnell soll es gehen …“
„Und? Hast du einen neuen Plan?“
Als ob ich ihm den verraten würde.
Ich drehe mich um und strecke ihm die Hand entgegen, worauf er mich über die Brüstung zieht.
„Ich denke, ich sollte langsam damit aufhören. Wäre der dort oben ernsthaft daran interessiert, mich auf diese Art abtreten zu lassen, dann würde ich mit Garantie nicht mehr hier vor dir stehen. Und ehrlich … Sollte es eines Tages so richtig in die Hose gehen – was mache ich dann?“
Wir gehen die Brücke entlang, bis zu der kleinen Parkbucht, wo Michaels Wagen steht. Er schlägt die Tür hinter mir zu, nachdem ich mich auf den Beifahrersitz setze, und steigt dann selbst hinters Lenkrad ein.
„Lieber wäre es mir, wenn du Pläne für deine Zukunft schmieden würdest. Vielleicht eine Reise, oder …“, er reiht sich in den Verkehr ein und als es dieser dann erlaubt, sieht er mich an. „Vielleicht eine Familie gründen.“
Das irre Lachen, das mir aus der Kehle daraufhin los sprudelt, erschreckt mich selbst.
„Gut, das war womöglich etwas übertrieben. Aber sowas in der Art. Wenn es nur die Angst ist, mal ans Bett oder den Rollstuhl gefesselt zu bleiben, dann soll es mir auch recht sein. Hauptsache, du lässt von dieser hirnrissigen Idee ab, vorzeitig aus dem Leben zu scheiden.“
Er verstummt und wir schweigen den ganzen Weg zurück in die Stadt. Vor der Fußgängerzone bleibt er stehen, hilft mir aus dem Wagen und verharrt, mit meiner Hand in seiner.
„Katharina“, spricht er mich mit solchem Ernst in der Stimme an, sodass ich erzittere. „Ich möchte, dass du es mir versprichst. Hoch und heilig versprichst.“
Ich entringe mir ein Lächeln, denn im ersten Moment dachte ich tatsächlich an eine Hiobsbotschaft wie damals bei Thomas, als er mich in sein Büro rief, um mir das mit dem Tumor zu beichten.
„Es ist mein Ernst. Es liegt mir unheimlich viel an unserer Freundschaft, aber auf diesen Scheiß habe ich echt keinen Bock mehr.“
„Willst du mir die Freundschaft etwa kündigen?“, halte ich es für einen Witz.
Michael gibt mir darauf keine Antwort.
„Es ist dir also echt ernst“, stelle ich mit Entsetzen fest.
Michael presst die Lippen aneinander und nickt.
„Du verlangst beinahe Unmögliches von mir, dessen solltest du dir bewusst sein.“
Michael will belächelnd einwenden, aber ich lasse es nicht zu.
„Es gehört zu meinem Alltag, auf jedem Zebrastreifen auf ein Auto zu hoffen, das nicht rechtzeitig stehen bleibt. Und an jedem Bahnübergang an einen unangekündigten Zug. In der Bankfiliale an einen verzweifelten Menschen in Geldnot …“
„Hör bitte auf, das ist ja …“, ist er schockiert.
„Deine Freundschaft bedeutet mir sehr viel, Michael. Es ist das einzige Wertvolle, was ich neben den Erinnerungen an Thomas noch besitze …“ Mir drängen sich Tränen in die Augen. Michael schließt mich in seine Arme und drückt mich fest an sich.
„Katharina, ich bin nicht so stark wie du vielleicht denkst. Ich halte diese Angst um dich nicht mehr aus“, flüstert er mir ins Ohr.
Das ist dann doch etwas, was mir zu denken gibt. Diese Verantwortung will ich nicht übernehmen. „Gut. Ich verspreche es dir.“
Michael drückt mich von sich und sieht auf mich hinab.
„Hoch und heilig. Weil mir unsere Freundschaft sehr wichtig ist und weil ich dich nicht verlieren möchte.“
„Okay“, lächelt er beruhigt. „Das ist … Das ist spitze. Ich muss jetzt zum Dienst, aber vielleicht hast du morgen Zeit, zum Essen zu kommen. So um fünf …“
„Ich muss mich auf ein Vorstellungsgespräch vorbereiten. Ein andermal gerne.“
„Oh, dass mit dem Job tut mir leid.“
Ich winke ab. Wer hätte denn ahnen können, dass mein zukünftiger Chef an Maxs folgenreichem Spanferkelabend aktiv mitwirken würde und nun nicht gut auf mich zu sprechen ist.
„Das ist grundsätzlich nicht so tragisch, aber ich brauche unbedingt eine Beschäftigung. Alleine – wenn ich das Versprechen einhalten soll, dass ich dir gab …“, grinse ich gequält.
Michael grinst zurück, küsst mich auf die Stirn und läuft zurück zum Wagen.
Ich mache mich auf den Weg durch die Fußgängerzone zu einem der kleinen Cafés, um auf der Terrasse die spätherbstliche Sonne zu genießen.
Tag 27
Wie zwei Kerzen stehen wir steif nebeneinander an dem grasbewachsenen Grab und betrachten den nichtssagenden Stein.
„Wie oft besuchst du das Grab deiner Eltern?“, erkundige ich mich, um den Schock zu überwinden. Tom, der Junge, dessen Handabdruck immer noch auf meiner Pobacke pocht, war jünger als ich. Und genau an dem Tag erst vierzehn geworden.
„Wie oft besuchst du das deiner?“, kontert er.
„Hm“, ich sehe zu ihm hoch. „Auch wenn ich wüsste, wo sie begraben wurden, würde ich nicht hingehen. Aber euer Verhältnis war nicht so miserabel wie unseres. Und zu Thomas gehe ich immer noch regelmäßig.“ Zwar nicht in jeder meiner freien Minute, so wie früher, aber immer noch mehrere Male im Monat.
„Willst du mir ein schlechtes Gewissen einreden?“, knurrt er mich an.
„Nein. Eigentlich suche ich nach einer Erklärung, warum ich Max nie am Friedhof begegnet bin.“
„Wahrscheinlich hält er genauso wenig von Friedhöfen wie ich.“
„Allerheiligen?“
Michael lässt die Schultern hängen.
„Kein Kranz. Weder zu Beerdigung, noch …“
„Worauf willst du hinaus, Katharina“, er wirkt grantig. „Du hast ihn mit keinem einzigen Wort erwähnt. Nicht nach der Verhandlung. Auch nicht, seit dem du im Spital aufgewacht bist.“
Nur, weil ich nicht über ihn spreche, heißt noch lange nicht, dass ich nicht an ihn denke. Und das tue ich. Viel zu oft und vor allem weit mehr, als mir lieb ist.
Ich sage nichts, seufze lediglich und wische mir die Träne aus dem Augenwinkel. „Er war so jung“, bin ich erschüttert und frage mich, ob irgendjemand von der alten Clique um sein wahres Alter Bescheid wusste. Wusste jemand um mein Alter Bescheid? Ich bezweifle es.
„Er kam mit seinem Stiefvater nicht klar und wurde daher von seinen Großeltern großgezogen. Die sind kurz nach seinem Tod gestorben.“
„Es sieht hier so aus, als würde ihn keiner besuchen kommen“, bemerke ich schniefend.
„Und dabei bleibt es auch. Komm ja nicht auf die Idee, dich drum zu kümmern. Das zieht dich nur runter.“ Er ergreift mich auch schon am Arm und zerrt mich zum Ausgang. „Wie konnte ich mich nur von dir breitschlagen lassen, ihn ausfindig zu machen“, murmelt er für sich selbst. Und auch ich fange an, mich zu fragen, warum ich nach ihm suchen ließ. Um für den Rest meines Lebens ein schlechtes Gewissen zu haben? Unglücklich zu bleiben und Höllenqualen zu durchleiden, so wie es Maxs Mutter will?
„Du hast alle Einladungen zum Essen ausgeschlagen. Morgen kommst du, sonst hole ich dich persönlich ab.“
„Morgen habe ich …“
„Nein, hast du nicht“, lässt er mich staunen. Vor allem, weil ich sagen wollte, dass ich endlich Zeit habe.
„Was ist los mit dir? Du benimmst dich wie … Thomas!“, flutscht mir von der Zunge, worauf mir Michael umgehend den Rücken zudreht.
„Ach“, seufzt er bedrückt. „Nichts.“ Er läuft voraus zum Wagen. Ich komme ihm nur langsam nach, alleine, weil seine Beine wesentlich länger sind als meine.
„Lüg mich nicht an. Du hast mir ein Versprechen abgerungen, ohne eine Ahnung zu haben, was ich seit dem für einen Alltag habe. Also sag mir jetzt, was los ist. Ist es wegen Jutta? Hat sie es sich anders überlegt? Stört es sie, dass wir uns so oft sehen?“ Es würde mir das Herz brechen, wenn ich meinen einzigen Freund aufgeben müsste, aber ich kann es verstehen …
„Nein. Nein, wo denkst du hin!“, dreht er sich plötzlich um und kommt mir schnell entgegen. „Im Gegenteil!“
Ich habe sofort einen Dreier vor Augen, worauf mich ein unangenehmes Schwindelgefühl beinahe von den Beinen fegt.
„Jutta …“
„Also doch.“ Meine panische Angst, ihn zu verlieren, schnürt mir die Kehle zu.
„Lass mich mal ausreden.“
Doch er sagt nichts.
„Ist gut, Michael. Ich kann sie verstehen. Wir haben zwar schon lange nichts mehr miteinander, aber wir hatten. Das kann auf Dauer keiner Beziehung guttun.“ Ich gehe um den Wagen herum und will einsteigen, aber er hält mich davon ab.
„Jutta will ein Kind.“
Ich runzle die Stirn. „Wie soll das gehen?“ Ich habe keinen blassen Schimmer, ob Jutta mit der Idee einer Geschlechtsumwandlung spielt, dennoch weiß ich, dass es auch danach nicht funktionieren wird. „Wollt ihr eins adoptieren?“
„Nein“, Michael flüchtet mit dem Blick, bis es schließlich aus ihm hinaus platzt. „Sie hätte gerne, dass ich eines mit dir zeuge.“
Ich erinnere mich augenblicklich an Spiele, bei denen mir Thomas die Brüste abgebunden hatte. Auch an das ständige Pumpen, das zu Folge hatte, dass ich tatsächlich Milcheinschuss bekam. Und ich erinnere mich sogar daran, dass Michael bei unserem spontanen Jugendabenteuer von diesen Praktiken was mitbekam.
„Ich glaube, ich nehme lieber den Bus.“
„Sie will mit dir schon länger darüber reden.“
„Deshalb all die Einladungen zum Essen.“
Michael verstummt. Erst als ich mich in Richtung der Bushaltestelle begebe, packt er mich erneut am Arm. „Komm, setz dich ins Auto. Ich bringe dich, wohin du willst.“
„Ein Wort darüber und ich steige aus. Auch während der Fahrt.“
Ich bekomme den Gedanken nicht mehr aus dem Kopf, auch wenn er sein Wort hält und schweigt. Zumindest während der Fahrt.
„Bitte, tue ihr den Gefallen …“
Mein Entsetzen steht mir auf die Stirn geschrieben.
„Komm zum Essen. Rede mit ihr und erkläre ihr deinen Standpunkt.“
Mir dämmert es allmählich. „Wie ist es mit dir? Willst du denn ein Kind?“
Michael sieht auf die Uhr, küsst mich auf die Stirn und eilt zurück zum Auto, von dem er mich bis in die Fußgängerzone begleitete. „Ich bin spät dran.“
„Solltet ihr zwei euch nicht zuerst klar werden?!“, rufe ich ihm nach und begebe mich dann kopfschüttelnd in das nächstgelegene Café.
Ich wickle mich in eine der Decken, die im Cafégarten auf jedem der Stühle liegt. Danach nehme ich einen Schluck von dem heißen Tee, während ich die Unterlagen studiere, die ich in den letzten Tagen per Post erhielt. Ein paar Einladungen zu Vorstellungsgesprächen, die mich allesamt nicht wirklich interessieren. Ich werde wohl am Schluss eine Münze werfen. Oder … Ich erinnere mich an das wahnsinnige Spiel, das am Schluss den Jungen das Leben kostete. Ich mache die Augen zu und versuche hinter geschlossenen Lidern ein paar Antworten finden. Als ich die Augen wieder öffne, durchfährt mich ein kräftiges Zucken.
„Die hat mich tatsächlich verflucht“, entgeht mir durch die halb offenen Lippen. Ich ergreife sofort alle meine Sachen und will aufstehen, als er seine Hand auf meine legt.
„Ich muss mich entschuldigen.“
„Nein!“, reiße ich mich unter seiner Hand weg. „Ich verlange von Ihnen keine Entschuldigung. Ich verlange lediglich, dass Sie mir für den Rest meines Lebens fernbleiben.“
„Katharina, bitte …“
„Zahlen!“, rufe ich dem Kellner zu.
„Bitte, gib mir eine Chance“, bettelt er weiter.
„Nein. Ich habe auch keine Chance bekommen. Sie haben mich verletzt. Mir gegen meinen Willen meinen Körper gepierct und mich zu allem Übel vor allen bloßgestellt.“
„Alles in Ordnung, Frau Heurix?“, erkundigt sich der Kellner.
„Nein. Dieser Mann belästigt mich“, verlange ich nach Hilfe.
„Soll ich die Polizei rufen?“
„Das überlasse ich Ihnen. Mir würde schon reichen, wenn Sie mir ein Taxi rufen und bis zur Ankunft Gesellschaft leisten.“
„Klar doch. Kommen Sie mit. Der Tee geht aufs Haus.“ Der junge Kellner wirft dem Mann, den ich nicht viel älter schätze, als ich selbst bin, einen bitterbösen Blick zu. Mit der Hand auf meinem Rücken folgt er mir ins Café hinein.
„Katharina. Ich liebe dich. Ich liebte dich schon damals, nur deshalb konnte ich nicht widerstehen …“
„Pha!“, bricht aus mir heraus. „Ich habe den Messerstich offensichtlich nicht überlebt und bin tot. In der Hölle.“
Hinter meinem Rücken kichert der Kellner.
Die meisten in der Gemeinde wissen, was bei mir zuhause vorgefallen ist. Kaum einer weiß, aus welchen Ereignissen der Messerstich hervorgegangen war.
Der Kellner begleitet mich bis zur Theke, geht um den Tresen herum und stellt mir nur wenig später ein Glas vor.
„Die Anmache war nicht gerade originell, aber … Immerhin liebt er Sie“, versucht er mich aufzumuntern.
„An seiner Art Liebe bin ich nicht interessiert“, ich kippe den Inhalt des Glases in mich hinein und verziehe das Gesicht. Ich hatte das Getränk weit unterschätzt und nun blieb mir die Luft weg.
„Ah, Verzeihung“, rudert er zurück. „Ich wusste nicht, dass Sie auch zu dem Orden gehören, der das alte Hospiz betrieb.“
Ich schließe die Augen und reibe mir mit den Fingerspitzen kreisend die Stirnfalten glatt. Mit jedem weiteren Kreis lichtet sich meine Mimik, bis ich schließlich lächle. „Nein, ich bin keine Ordensschwester. Wenn mir das jedoch den Typen vom Leibe hält, sollte ich vielleicht darüber nachdenken, eine zu werden.“
„Eine hübsche Frau wie Sie? Welche Verschwendung …“, er zwinkert mich kokett an.
„Wie alt sind Sie?“, erkundige ich mich.
„Fünfundzwanzig“, lächelt er verschmitzt.
„Haben Sie eine Freundin? Oder sind Sie vielleicht schon verheiratet?“
Er prustet vor lachen. „Das hat alles noch Zeit!“ Dann beugt er sich zu mir über den Tresen. „Ich schau mich nur um, wenn Sie verstehen.“
Ich stelle meine Ellenbogen auf die Platte, lege mein Kinn in meine Hände und als sich meine Nase gleich hoch mit seiner befindet, gebe ich etwas aus meinem Leben preis: „Das machte ich mit vierzehn-fünfzehn. Mit fünfundzwanzig war ich bereits Witwe.“
„Das ist zwar traurig“, entgegnet er in einem Ton, als würde er Weisheiten verteilen. „Aber wie alt sind Sie jetzt? Zweiunddreißig? Dreiunddreißig?“
Ich schweige, denn in meinem Alter genießt man solche Komplimente, statt darauf zu antworten.
„Das ist immer noch jung, um nochmals durchzustarten und vielleicht sogar Mutter zu werden.“
Ich lege ihm einen Zwanziger auf den Tresen, richte mich auf und entgegne: „Sage ich doch. Tot und in der Hölle.“
Der junge Mann verdreht die Augen, lacht jedoch amüsiert. „Bis bald, Frau Heurix.“
„Bis bald, Richard.“
Tag 62
„Ein kleines Mädchen wäre toll. Aber ein Junge wäre auch super.“
Jutta hüpft um den Tisch herum, bringt Teller und Töpfe mit Speisen, füllt die Gläser. Michael starrt geistesabwesend in seinen Teller. Ich frage mich, wann er aus diesem Gespräch oder eher Monolog ausgestiegen ist. Vielleicht zu Beginn dieses Treffens, oder gar schon bei der ersten Einladung, der ich, wie den darauf folgenden gefühlten zwanzig, nicht gefolgt bin.
Wahrscheinlich kriegt er seit Monaten nichts anderes von Jutta zu hören.
„Du hast eine tolle Figur und eine fabelhafte Haut und das mit … Wie alt bist du eigentlich?“
Ich werfe das Besteck in den Teller. Es scheppert unangenehm laut, was mir die Blicke von beiden beschert und nun ist auch Michael voll dabei.
„Du wirst sicher eine Klasse-Mutter. Ich hätte mich glücklich geschätzt, deine Tochter zu sein. Aber das war ich eben nicht. Ich hab es öfters mal anklingen lassen, aber scheinbar war da dein Mann auf beiden Ohren taub oder schwer von Begriff. Ich habe mit zehn angefangen zu saufen. Mit elf rauchte ich meinen ersten Joint. Mit zwölf kokste ich schon und ließ mich von jedem vögeln, der mir Alkohol oder Drogen besorgte. Mit vierzehn lernte ich zu fixen. Willst du dir diese Gene ins Haus holen?“
Ich merke, wie mich Michael anstarrt. Er scheint entsetzter zu sein als seine Frau und das bringt mich dazu, nachzudenken, wie direkt ich war, als ich all das Mal anklingen ließ.
Plötzlich erstarre ich. Vierzehn – geht mir durch den Kopf. Was ich in dem Alter schon alles hinter mir hatte. Nur aus der jetzigen Sicht kommt mir der Junge unglaublich jung vor. Ich war ja damals nur um drei Jahre älter als er. Drei Jahre – die mir damals garantiert wie eine halbe Ewigkeit vorkamen.
„Das ist ja schrecklich!“ Jutta runzelt die gepuderte Stirn und mir fällt erst jetzt auf, dass sie geschminkt ist, als hätte sie vor auszugehen. Es fällt mir nichts Besseres ein, als mich zu fragen, ob ich tatsächlich so eine Mutter hätte haben wollen. Eine, die rund um die Uhr ausgehfertig aussieht.
„Ich kann mir so was gar nicht vorstellen“, erklärt sie bestürzt. „Ich bin behütet aufgewachsen. Meine Eltern liebten mich bis zu ihrem letzten Tag.“
„Meine nicht. Ich war weder geplant noch gewollt. Zum Glück ist das bei euch zwei anders. Da ist sich zumindest einer sicher, was den Nachwuchs angeht“, lasse ich die Bombe platzen.
Jutta lächelt mich noch eine Weile an, bis sie stutzt. „Wie meinst du das?“
„Liebling“, räuspert sich Michael und streckt seinen Arm nach ihr.
„Da ihr was Wichtiges zu besprechen habt, werde ich mich jetzt auf den Weg machen.“ Diesmal küsse ich Jutta auf die Wange, denn Michael sieht mich ganz eigenartig an, als könnte er mich von der Brücke schubsen, auf der wir letztens saßen und ins Wasser starten.
Tag 63
Ich trinke direkt aus der Flasche, mein Blick ist auf den Spiegel gerichtet, der sich an der Rückwand der Bar befindet.
„Fang bitte nicht gleich an zu schreien“, flüstert er mir ins Ohr.
Ich nehme den Flaschenhals von meinen Lippen und werfe einen Blick über meine rechte Schulter. Daraufhin kommt er hinter meinem Rücken hervor und setzt sich auf den Hocker neben mir. „Auch ein Bier, aber vom Fass“, deutet er mit der Hand zu mir und sieht mich anschließend an. „Ich hätte dir weiterhin täglich Blumen geschickt. Aber wenn du sie jedes Mal in die Tonne haust, ist der Einzige, der was davon hat, der Blumenhändler.“
Ich wende mich wieder meiner Flasche zu und beobachte ihn weiter im Spiegel. Wie er mich anstarrt, mustert und nur Gott weiß, was dabei in seinem Kopf vorgeht.
„Einen Tag zuvor habe ich meinen Dreißigsten gefeiert. Mit einem Korsett-Piercing. Die Tussi war nach all den Schmerzen so geil, dass ich tatsächlich an meine Grenzen stieß …“
Es soll wohl ein Lachen sein, aber es hört sich an, wie ein Nashorn, das mit dem Fuß am Boden schert und durch die Nüstern Luft hinaus stößt. Tja – ich war mal tatsächlich im Zoo. Mit der Klasse, nicht mit meinen Eltern. Die mochten den Gestank nicht.
Ich stelle die Bierflasche wieder mal ab, klemme meine Nasenspitze zwischen den Daumen und Zeigefinger und fange an sie zu massieren, denn sie juckt unheimlich.
„Aber es war nichts im Vergleich zu dem Abend danach. Als er dich das erste Mal in die Burg brachte.“
Ich hebe die Flasche als Zeichen für den Barmann, dass ich gerne noch eine hätte. Er reagiert prompt und schon nehme ich einen Schluck frischen kalten Biers.
„Diese Nippel würde ich unter Tausenden erkennen. So dunkel, verglichen mit der blassen Haut. Und spitz … Gott, wie spitz …“, seufzt er erregt. Dann verstummt er für einen Moment, schüttelt den Kopf und blinzelt einige Male. „Als ich dich an dem Zirkusabend in den Ketten sah … Ich war wie von Sinnen.“
Ich stelle fest, dass das Bier aus der vorherigen Flasche besser schmeckte. Das liegt womöglich an dem, was ich gerade zu hören bekomme. Das Getränk schmeckt ungewohnt fahl.
Er beugt sich zu mir vor und flüstert mir zu: „Du trägst die Clicker nicht zufällig immer noch?“
Ich stelle die Flasche ab, schiebe sie von mir, rülpse hinter geschlossenen Lippen und winke den Barmann zu mir.
„Ich hätte es nicht tun dürfen. Unter keinen Umständen, aber … Ich war wie besessen. Ich sah diese Nippel, von denen ich all die Jahre träumte. Ich konnte es nicht glauben, war mir nicht sicher. Aber, als ich dann das winzige Muttermal auf deiner Leiste erkannte …“ Er zieht die Luft so fest durch die Nase hinein, dass ich mich gedrängt fühle nachzusehen, ob er nicht kokst.
Während ich mit der rechten Hand in der Handtasche auf meinem Schoß nach dem Portmonee suche, streichle ich mir mit der anderen Hand die Gänsehaut glatt. „Zahlen bitte“, sage ich zu dem Barmann.
„Das waren vier …“ Er legt daraufhin den Bon auf den Tresen. Nur kurz bekomme ich die Zahl zu sehen, denn schon verschwindet sie in der Hand meines Sitznachbarn.
„Die Rechnung übernehme ich“, entscheidet er.
Ich lege einen Schein auf den Tresen und schiebe ihn dem Barmann entgegen. „Stimmt so.“ Als ich mich umdrehe und gehen will, legt er mir die Hand auf den Unterarm.
„Darf ich dich wenigstens nach Hause bringen?“, bettelt er mich an.
„Das war alkoholfrei. Ich bin weder angesoffen, auch nicht schwachsinnig.“ Ich will weiter, aber er ergreift mich sehr schnell und bevor ich irgendwas unternehmen kann, küsst er mich auf den Mund. Ich will ihn wegstoßen, schreien und noch so einiges, aber ich unternehme nichts. Denn, während seine Worte in meinem Kopf hallen … Die Worte, die vor Begeisterung triefen, sehe ich vor meinen geschlossenen Lidern Thomas’ Augen. Diesen ganz besonderen Glanz. Den, der allein mich oft zum Schmelzen brachte.
Irgendwann verziehen sich die Erinnerungen wieder, ich werde Herrin über meine Sinne und meinen eigenen Körper. Da stoße ich ihn fest von mir und flüchte aus dem Club. Direkt hinter der Tür bleibe ich stehen und ziehe genauso tief und fest die Luft durch meine Nase, wie er zuvor. Ich atme so tief ein, spüre, wie sich mein Körper mit der kühlen Luft füllt, bis in die Schenkel hinein. Es kribbelt unter der Haut, meine Knie werden weich und ich bekomme unheimliche Lust auf Sex.
Ich lecke mir über die Lippen, schmecke ihn und wundere mich, weil er nicht so nichtssagend schmeckt wie zum Beispiel Andy. Oder all die anderen Männer, mit denen ich nach Thomas im Bett landete.
Etwas unsicher auf den Beinen taumle ich zu meinem Wagen und fahre heim. Im Bad stehe ich dann lange vor dem Spiegel und starre mich prüfend an.
Man kann sie nicht sehen, aber ich spüre sie deutlich. Meine harten Nippel, die gegen die Spitze des Büstenhalters drücken. Ich lege meine Hände auf meinen Busen und presse ihn nieder. Doch es nützt nichts. Die Brüste sind platt, aber die Erregung flacht dadurch kein Bisschen ab.
„Nein. Und wenn ich …“, ich kann nicht das aussprechen, von dem ich am meisten Angst habe: Einsam zu bleiben.
Nebelkerze
Herz Schlag
3
SM-Roman
© 2020 Zoe Zander
Herz Schlag 3
BDSM-Roman
Alle Rechte vorbehalten
Cover und Covergestaltung: Jeanette Peters
Buchsatz und Textgestaltung: Zoe Zander
Korrektorat: Stefanie Brandt
Leseeulen – Verlag
Selbstverlag
Jeanette Peters
Dörwerstraße 68
44359 Dortmund
Email: Leseeulenverlag@gmx.de
Zander.Zoe@gmail.com
Autorenseite: www.zoe-zander.at
Danke an alle, die Katharina die Treue gehalten haben.
Das Buch
Katharina hat wieder ein Ziel vor Augen und schaut voller Pläne und Zuversicht in die Zukunft.
Mit einer neuen Beziehung scheint auch das Glück zu ihr gefunden zu haben.
Während für die meisten die Hochzeitsglocken nach Liebe, Glück und Freude klingen, lösen diese bei Max Alarm aus …
Informationen zur Autorin finden Sie am Ende des Buches.
Gebunden
Mit vielen Fragen
und Wirrwarr im Kopf
folgte ich neugierig deinem Ruf.
Deinem prüfenden Blick
musste ich bestehen
nackt – wie Gott mich schuf.
Das Feuer entfacht,
von Flammen verschlungen –
wurde ich berührt von deiner Hand.
Mit einem Schlag
der Sinne beraubt,
rieselte ich zu Boden wie aus Sand.
Mein eigener Schrei
wie das Klirren des Glases
zerschmettert an der Mauer.
Tränen wie Perlen
liefen über die Wangen.
Beides kein Ausdruck der Trauer.
Kniend vor dir,
mit gesenktem Blick,
in Demut schenkte ich dir mein Herz.
Den leeren Platz
in meiner Brust
gefüllt hast du mit Pein und Schmerz.
Dein zufriedener Blick
minderte mein Leiden,
für Heilung der Wunden sorgte dein Kuss.
Dafür vertraue ich dir blind,
heute wie morgen,
weil ich es will, nicht weil ich muss…
© Zoe Zander
Prolog
Das Feuer in der Mülltonne flackert. Ich halte die Hände über den Flammen, falte sie in alle möglichen Figuren zusammen, aber die Schatten an dem Betonpfeiler sehen nicht annähernd irgendeinem Tier ähnlich.
„Eh klar“, murmle ich desillusioniert. Stets von allen als unfähig, tollpatschig, dumm und sonst wie bezeichnet – hege ich selbst keinerlei Erwartungen mehr an mich.
„Rina!“
Ich drehe mich der herrischen Stimme nach. Ein Typ nickt mich zu sich. Ich versuche es noch ein Mal mit einem Adler, aber nach vier Bier und drei Feiglingen jagt mir der monströse Schatten richtig Angst ein. Ich flüchte mich also zu dem Typen, der auf einer versifften Matratze im Schneidersitz sitzt.
„Na“, streckt er mir die geballte Faust entgegen, worauf ich ihm meine offene Handfläche reiche. „Mach du das. Ich hasse Nadeln.“
„Gut“, knurre ich ihn an. „Aber zapple nicht so herum, wie das letzte Mal.“ Ich setze mich zu ihm auf die Matratze. „Und wo ist meins?“, frage ich nach, während er mir den Löffel mit dem aufgelösten Stoff entgegen reicht.
„Da“, wirft er mir mit der anderen Hand die Sachen zu.
„Hey, nicht in den Dreck!“, fahre ich ihn an und mache mich auf seinem, mit nicht abgeheilten Blutkrusten und Blutergüssen bedeckten, Unterarm auf die Suche nach der Vene.
„Scheiß dich nicht an“, entgegnet er und schenkt mir einen Augenaufschlag, den man fast schon als Vorspiel deuten könnte. Es bleibt jedoch nur bei dem Augenaufschlag, denn, kaum fängt das Zeug zu wirken, driftet er völlig ab und all das, was wir uns für diesen Abend ausmachten, bleibt unerfüllt.
„Arschloch“, gebe ich ihm einen Kosenamen und schubse ihn zur Seite. Nicht, dass er auf mich fällt, wenn ich grad am Fixen bin.
„Hey.“
Ich hebe den Kopf hoch und mustere den Typen, der sich hier schon an ein paar Abenden blicken ließ. „Hey …“, versuche ich mich auf seinen Namen zu erinnern.
„Tom“, hilft er mir auf die Sprünge und bietet mir seine halbleere Wodkaflasche an. Ich lege den vom Ruß geschwärzten Löffel und die noch steril verpackte Spritze samt Nadel zur Seite und nehme sein Angebot an. Die Nacht ist schließlich noch jung …
Tom setzt sich zu mir auf die Matratze, worauf ich den Anderen mit aller Kraft ein Stückchen weiter schiebe, damit Tom und vor allem seine Wodkaflasche auf der Matratze mehr Platz haben.
Wir wechseln uns mit den Lippen an den Flaschenhals ab. Ich starre dabei in den Regen, der wie ein Vorhang am Rand des Brückengewölbes hinunter fließt. Nach einem weiteren Schluck reiche ich ihm die Flasche zurück, aber diesmal legt er die Hand auf meine, was mich dazu bringt, ihn anzusehen. Kaum drehe ich den Kopf zur Seite, presst er auch schon seine Lippen auf meine und haucht mich dabei unanständig an. Es ist irgendwas zwischen Stöhnen und Rülpsen, was mir allerdings egal ist, wie auch die Zuschauer und ebenso der Ort, auf dem wir es gleich miteinander treiben werden.
Die Jungs nennen es Quickie. Zum allerersten Mal mache ich mir Gedanken, woher der Begriff stammt. Ich denke tatsächlich an Schweine und Ferkel, denn manche der Jungs grunzen und quieken dabei wie diese. Nicht Tom. Er schnauft mir nur die ganze Zeit wie eine Lokomotive ins Ohr und ich kann an nichts anderes denken, wie an seine Hand. Die warme Hand, mit der er meine linke Pobacke festhält, während er mich penetriert, sich an meinem Schoß reibt und mir weiterhin zwischen den feuchten Küssen ins Ohr pustet.
Ich starre an ihm vorbei. An den Meisten starre ich beim Sex vorbei, denn kaum einer schaut mir dabei in die Augen. Trotz des lauten Schnaufens höre ich den Regen prasseln. Aus einer der Entwässerungsrinnen tropft das Wasser in unmittelbarer Nähe. Ich mag diese Geräusche. Sie sind entspannend und geben mir das Gefühl – fortgetragen zu werden. Ich selbst, meine Sorgen, einfach alles. Ich starre weiterhin in die Dunkelheit hinaus und im selben Moment, als er sich hochdrückt, um seine Hose zuzumachen, frage ich mich, ob so ein Regentropfen länger von der Wolke bis zum Boden brauchte, als Tim vom Anfang bis zu seinem Höhepunkt. Tom. Oder wie auch immer der Typ heißt, dessen Namen bei mir längst wieder in Vergessenheit geriet.
„Komm, Rita“, zieht er mich auf die Beine, gerade als ich mir die Kleider wieder richten will.
Mir fällt auf, dass er es ebenfalls nicht so mit den Namen hat. Aber es stört mich nicht im Geringsten. Ich folge ihm. Der Rest der Clique ist entweder weg oder zumindest weggetreten. Alleine in den Regen starren macht nur dann Sinn, wenn ich wirklich alleine bin. Also lasse ich mich von ihm aus dem Trockenen in das Unwetter ziehen.
„Bock auf eine Spritztour?“, deutet er kopfnickend zu einer dunklen Karre.
„Hach, wie cool. Daddys Auto …“, ätze ich gelangweilt.
„Nix da, das Auto des Alten. Schau dir das Kennzeichen an.“
In meinen Augen blitzt es so hell auf, dass ich regelrecht geblendet bin. „Ist ja geil!“, grinse ich begeistert und stelle mir bereits vor, wie meine Alten reagieren werden, wenn mich die Polizei vorführt und sagt, dass man mich in einer Diplomatenlimousine erwischte. „Und – wohin?“
„Mal sehen“, zuckt er mit den Schultern. „Das Wetter wäre eigentlich perfekt fürs Russische Roulett“, zaubert er urplötzlich eine Papiertüte mit der nächsten Wodkaflasche her. Diese ist noch verschlossen.
„Hn“, brumme ich nur und sehe zurück zu dem Typen, der immer noch auf der Matratze liegt. Genau so, wie ich ihn zusammenstauchte. Das letzte Mal spielten wir zu dritt dieses Spiel. Damals mit geschwärzten Spritzen. Während der vollgedröhnte Typ und ich Nieten zogen und nach dem Schuss davon gedriftet waren, transportierte man den Dritten wenig später nach einem durch Embolie hervorgerufenen Schlaganfall im Eisensarg weg.
Im Auto bedeutete dieses Spiel, mit Vollgas eine enge, kurvenreiche Strecke den Berg hinunter zu rasen. Kam man unten unversehrt an, hat man verloren.
Während ich noch über den Eisensarg nachdenke und ebenso über den Jungen, den ich auf der Matratze zurückließ, rasen wir bereits den Berg hinauf. In manchen Kurven drehen die Reifen auf der nassen Fahrbahn durch, anderswo schiebt es uns das Heck von dem Asphalt ins Gras, das am Straßenrand wächst.
Tim, Tom … Ist auch egal – scheint nachzudenken. Immer wieder zieht er die Augen zu dünnen Schlitzen zu, starrt stumm durch die Scheibe hinaus in die verregnete Nacht und nagt gelegentlich an seinem Daumen.
„Schiss?“, frage ich, als interessierte es mich wirklich. Wegen all der Misserfolge, die ich bislang verbuchte, als ich versuchte aus dem Leben zu scheiden, sehe ich mich spätestens in einer halben Stunde wieder zurück auf der Matratze. Gerade rechtzeitig, um dem anderen Typen noch ins Nirwana nach zu driften.
Am Start spenden wir dem Flascheninneren noch frische Luft. Bei schnick schnack schnuck schlage ich mit Stein seine Schere, was mir den Part des ausgelieferten Beifahrers beschert und dann geht es auch schon den ganzen Weg wieder zurück. Mir schlägt der Alkohol auf das Gleichgewicht, weshalb ich mich mit den Füßen am Armaturenbrett abstütze, um nicht kopfüber gegen die Windschutzscheibe zu knallen. Vom Angurten hält nämlich keiner von uns etwas. Im Radio spielen sie irgendeinen schnulzigen Schlager, worauf wir uns beide ansehen, die Augen verdrehen und zu lachen anfangen. Als ich den Blick wieder nach vorne richte, sehe ich einen breiten Baumstamm auf uns zurasen. Die Karosserie wird verbogen, als wäre es lediglich Alufolie. Der Lärm ist ohrenbetäubend. Die Dunkelheit schier bodenlos und der Schmerz …
Katharina
Tag 1
Der Schmerz ist so präsent, so unerträglich, dass mir alle möglichen Szenen vor den geschlossenen Augen umher schießen, wie zum Beispiel die, in der ich im Wrack eingeklemmt bin und mir ein Ast oder irgendein Teil des Wagens im Bauch steckt. „Ein Alptraum“, bedenke ich all der anderen Szenen, die sich langsam im Nebel der Betäubung auflösen und in denen es von ausgefallenen Sexpraktiken handelt. Samt den zwei Männern, die dabei eine entscheidende Rolle spielen. Als ich die Augen endlich öffne, finde ich mich in einem sterilweißen Raum irgendeines Krankenhauses wieder, seufze erleichtert und schiebe die perversen Phantasien dem vermuteten Koma zu. Ich atme einmal tief durch.
Dann fällt mein Blick auf den Ring, den ich am Finger trage und mir wird schlagartig klar, welche Szenen der Realität angehören und welche dem Déjà-vu. Ich fasse mir mit der Hand an die linke Pobacke. Von langem Liegen ist sie taub, dennoch spüre ich einen warmen Abdruck. Als wäre es erst vor Minuten passiert und nicht vor Jahrzehnten. Mir drängen sich noch nie gestellte Fragen auf. Was wäre aus dem Jungen geworden, hätte er statt mir den Unfall überlebt – ist eine davon.
Ich fühle mich wie eine Versagerin, als genau die Versagerin, für die mich meine Eltern die ganze Zeit hielten. Daraufhin zieht sich meine Lunge zusammen und mir bleibt die Luft weg. Als hätte ich das Loch nicht im Bauch, sondern in der Brust und man würde es mit einem Druckverband verschließen wollen. „Oh, Gott“, schnappe ich panisch nach Luft und fülle meine Lunge mit einem aufdringlichen Vanilleduft, der mich zum Würgen bringt.
Hinter dem Vorhang, der mein Bett von dem anderen Bett trennt, rumort es. Wenige Sekunden später kommt eine Frau um den Vorhang herum und bleibt beim Fußende meines Bettes stehen. Sie mustert mich eine Weile, ehe sie den Mund öffnet: „Was hast du nur, dass er dir so gut gesinnt ist?“
Im ersten Augenblick halte ich sie für eine durch Schmerzmittel hervorgerufene Halluzination. Vielleicht hatte ich zu viel Blut verloren, war lange Zeit ohne Sauerstoff und erlitt in Folge dessen einen Dachschaden, sodass ich plötzlich Stimmen höre und Gestalten sehe, die es gar nicht gibt. So, wie ich es bei Andy vermute, wenn er sich nicht an die Medikation hält. Doch dann betrachte ich ihr lockiges Haar und den dunklen Teint … Ich rümpfe die Nase, will mich dem abscheulichen Duft entziehen.
„Wie bitte?“ Ich frage mich, was sie hier her führt.
„Du hättest an seiner Stelle ins Gras beißen sollen. Dem Sohn den Vater nehmen und dann auch noch das Geld, das alleine ihm zusteht. Jetzt auch noch seine Freiheit und die Freiheit seines Bruders …“
Das also sucht sie hier. Meine Eltern können mir keine Vorwürfe mehr machen, also bekomme ich sie von der Mutter eines anderen vorgetragen.
Es folgen noch etliche Anschuldigungen und Vorschläge, was das Schicksal oder gar der Gott hätte mit mir anstellen sollen, anstelle von Thomas, Max oder sogar Andy.
Ich lasse sie zu Ende sprechen und hülle mich ins Schweigen, was sie sichtbar irritiert. Da ich auch nach einer ganzen Weile immer noch keine Silbe von mir gebe, dreht sie sich schließlich um und will gehen.
„Was wollen Sie hier wirklich? Und kommen Sie mir nicht mit dem Verlangen nach Aussprache. Wieso haben Sie es nicht getan, als ich noch schlief?“
Sie erschauert und ich könnte echt lachen, wenn mein Bauch nicht so verdammt wehtun würde.
„Haben Sie plötzlich Zweifel, es nicht besser machen zu können, als Ihr Sohn?“
Ihre Handtasche ist groß genug, um darin ein Fleischmesser zu verstecken. Das würde auf jeden Fall nicht so viel Lärm verursachen wie eine Schusswaffe …
In ihrer Körperhaltung zeichnet sich Wut ab. Sie dreht sich zu mir um, doch bevor sie einen Schritt zurück zu meinem Bett setzt, fahre ich fort: „Ich habe ihn angefleht, er soll mich gehen lassen …“
„Max ist ein herzensguter Mensch …“, kommt sie mir mit dieser Leier.
Ich weiß, dass Tiere auf jeden Fall Platz in seinem Herzen haben. Bei Menschen bin ich mir nicht so sicher. Die kommen bestimmt erst nach dem Geld dran.
Ich überlege, ob ich sie bitten soll, das Fenster zu kippen. Doch dann begreife ich, dass ich den Duft nicht loswerde, ehe sie nicht geht. Es ist keine Duftkerze, die irgendwo für gute Laune sorgen soll. Auch kein Duftbäumchen, das eigentlich in einem Auto hängen sollte. Es ist ihr Parfüm.
Ich kaue ein paar Sekunden an meiner Unterlippe, bevor es aus mir herausplatzt: „Ich meinte den Gott!“, brülle ich sie aus vollem Halse ungehalten an.
Sie bekommt große Augen, aber das war es dann auch mit der Reaktion.
„Thomas hat mich ausgesucht und nicht umgekehrt, als mich mein missglückter Selbstmordversuch auf seinen OP-Tisch brachte. Und als bei ihm der Tumor entdeckt wurde, flehte ich Gott an, dass er mich statt ihn nimmt.“
Sie verdreht theatralisch ihre großen braunen Augen.
„Ich weiß nicht, was Thomas dazu bewog, Sie zu verlassen.“
Die Wutfalte auf ihrer Stirn geht in der Zornesröte völlig unter.
Ich wusste nichts über die früheren Beziehungen meines Mannes. Aber mich hat er nicht ziehen lassen wollen. Hätte ihm jemals etwas an ihr gelegen, wären sie mit Garantie noch zusammen. Egal, ob es ihr gepasst hätte oder nicht. Und damit liege ich wohl richtig.
„Hätte man Thomas mit einer Organtransplantation retten können, hätte ich mir freiwillig das Leben genommen.“ Das wiederum ist eine dreiste Lüge. Bei all den Misserfolgen, die ich in meinem Leben schon verbuchte, wäre ich mit Garantie immer noch am Leben und er trotzdem tot. „Ich wollte mit ihm mit. Und als das mit dem Tausch – mein Leben gegen seins – nicht funktionierte, habe ich Thomas angefleht, mich mitzunehmen. Aber er wollte es nicht. Ob es an dem Eid lag, den er als Arzt abgelegt hatte – weiß ich nicht. Hätte er meinen Kreislauf mit Luft vollgepumpt, wäre Max der Alleinerbe gewesen. Und was Max angeht …“ Ich versuche mich aufzusetzen, was mir misslingt. Sie sieht mir dabei reglos zu, nicht gewillt, mir zu helfen. „Auch er hat mich nicht gehen lassen wollen. Weder aus seiner Burg noch, als er zu mir ins Haus kam …“ Ich schlucke. „Sie wissen ja, was ich meine.“
„Du sollst Höllenqualen leiden! Und nie glücklich werden, für den Rest deines Lebens!“, faucht sie mich an.
Ein Augenzwinkern lang überlege ich, ob ich vielleicht schon bei der Geburt verflucht worden bin. „Das sagt jetzt wer?“, frage ich nach. „Etwa die Mutter, die nicht im Gerichtssaal erschienen war? Weder, um dem einem Sohn beizustehen noch, um sich um den anderen zu kümmern?“
Ihre Haltung wirkt urplötzlich steif. „Sowas muss ich mir nicht anhören!“
„Mir scheint, Sie haben nicht vor, meine Höllenqualen und Unglück zu beenden. In diesem Fall rate ich Ihnen tatsächlich zu gehen, denn ich komme gerade so richtig in Fahrt“, blinzle ich sie an, worauf sie laut schnaubt. Sie dreht sich pfeilschnell um und geht. „Feiges Huhn!“, rufe ich ihr laut lachend hinterher und verstumme schlagartig, als Michael das Zimmer betritt. Nicht, weil er da ist, sondern, weil mein wunder Bauch das Schütteln beim Lachen nicht erträgt.
„Wer war das?“, sieht er ihr nach.
„Hat sich im Zimmer geirrt“, lüge ich ihn an und fasse mir erneut an die Pobacke, an der ich immer noch die Hand des Jungen spüre …
Tag 20
„Danke, dass du mich mitgenommen hast. Es ist wirklich sehr schön hier.“
„Echt?“, frage ich verwundert.
„Nee“, prustet er. „Hinter uns donnern im Sekundentakt die Siebentonner. Der Platz reicht gerade so für meine halbe Arschbacke. Ununterbrochen habe ich das Gefühl, jeden Moment abzurutschen. Aber ja. Der Blick nach unten hat etwas Beruhigendes. Wenn einem bei all den Wellen nicht kotzübel wird.“ Michael zieht sich an der Brüstung hoch und klettert über das Gelände zurück auf die Brücke. Dort würgt er einmal, bevor sich sein Blick endlich beruhigt, und der Magen die Ruhe bekommt, nach der er sich sehnt.
„Memme“, lache ich ihn aus.
Michael spuckt auf den Asphalt, dann beugt er sich erneut über die Brüstung und schaut auf mich herab. Ich sitze weiterhin auf dem schmalen Streifen, baumle mit den Füßen in der Luft und starre in das fließende Gewässer.
„Offensichtlich habe ich Thomas falsch verstanden. Ich befürchtete immer, du denkst ständig an den Tod.“
„Tu ich ja auch.“ Ich hebe den Blick und sehe in die Ferne. „Aber, wer will schon ewig lang im kalten Wasser nach Luft ringen. Schnell soll es gehen …“
„Und? Hast du einen neuen Plan?“
Als ob ich ihm den verraten würde.
Ich drehe mich um und strecke ihm die Hand entgegen, worauf er mich über die Brüstung zieht.
„Ich denke, ich sollte langsam damit aufhören. Wäre der dort oben ernsthaft daran interessiert, mich auf diese Art abtreten zu lassen, dann würde ich mit Garantie nicht mehr hier vor dir stehen. Und ehrlich … Sollte es eines Tages so richtig in die Hose gehen – was mache ich dann?“
Wir gehen die Brücke entlang, bis zu der kleinen Parkbucht, wo Michaels Wagen steht. Er schlägt die Tür hinter mir zu, nachdem ich mich auf den Beifahrersitz setze, und steigt dann selbst hinters Lenkrad ein.
„Lieber wäre es mir, wenn du Pläne für deine Zukunft schmieden würdest. Vielleicht eine Reise, oder …“, er reiht sich in den Verkehr ein und als es dieser dann erlaubt, sieht er mich an. „Vielleicht eine Familie gründen.“
Das irre Lachen, das mir aus der Kehle daraufhin los sprudelt, erschreckt mich selbst.
„Gut, das war womöglich etwas übertrieben. Aber sowas in der Art. Wenn es nur die Angst ist, mal ans Bett oder den Rollstuhl gefesselt zu bleiben, dann soll es mir auch recht sein. Hauptsache, du lässt von dieser hirnrissigen Idee ab, vorzeitig aus dem Leben zu scheiden.“
Er verstummt und wir schweigen den ganzen Weg zurück in die Stadt. Vor der Fußgängerzone bleibt er stehen, hilft mir aus dem Wagen und verharrt, mit meiner Hand in seiner.
„Katharina“, spricht er mich mit solchem Ernst in der Stimme an, sodass ich erzittere. „Ich möchte, dass du es mir versprichst. Hoch und heilig versprichst.“
Ich entringe mir ein Lächeln, denn im ersten Moment dachte ich tatsächlich an eine Hiobsbotschaft wie damals bei Thomas, als er mich in sein Büro rief, um mir das mit dem Tumor zu beichten.
„Es ist mein Ernst. Es liegt mir unheimlich viel an unserer Freundschaft, aber auf diesen Scheiß habe ich echt keinen Bock mehr.“
„Willst du mir die Freundschaft etwa kündigen?“, halte ich es für einen Witz.
Michael gibt mir darauf keine Antwort.
„Es ist dir also echt ernst“, stelle ich mit Entsetzen fest.
Michael presst die Lippen aneinander und nickt.
„Du verlangst beinahe Unmögliches von mir, dessen solltest du dir bewusst sein.“
Michael will belächelnd einwenden, aber ich lasse es nicht zu.
„Es gehört zu meinem Alltag, auf jedem Zebrastreifen auf ein Auto zu hoffen, das nicht rechtzeitig stehen bleibt. Und an jedem Bahnübergang an einen unangekündigten Zug. In der Bankfiliale an einen verzweifelten Menschen in Geldnot …“
„Hör bitte auf, das ist ja …“, ist er schockiert.
„Deine Freundschaft bedeutet mir sehr viel, Michael. Es ist das einzige Wertvolle, was ich neben den Erinnerungen an Thomas noch besitze …“ Mir drängen sich Tränen in die Augen. Michael schließt mich in seine Arme und drückt mich fest an sich.
„Katharina, ich bin nicht so stark wie du vielleicht denkst. Ich halte diese Angst um dich nicht mehr aus“, flüstert er mir ins Ohr.
Das ist dann doch etwas, was mir zu denken gibt. Diese Verantwortung will ich nicht übernehmen. „Gut. Ich verspreche es dir.“
Michael drückt mich von sich und sieht auf mich hinab.
„Hoch und heilig. Weil mir unsere Freundschaft sehr wichtig ist und weil ich dich nicht verlieren möchte.“
„Okay“, lächelt er beruhigt. „Das ist … Das ist spitze. Ich muss jetzt zum Dienst, aber vielleicht hast du morgen Zeit, zum Essen zu kommen. So um fünf …“
„Ich muss mich auf ein Vorstellungsgespräch vorbereiten. Ein andermal gerne.“
„Oh, dass mit dem Job tut mir leid.“
Ich winke ab. Wer hätte denn ahnen können, dass mein zukünftiger Chef an Maxs folgenreichem Spanferkelabend aktiv mitwirken würde und nun nicht gut auf mich zu sprechen ist.
„Das ist grundsätzlich nicht so tragisch, aber ich brauche unbedingt eine Beschäftigung. Alleine – wenn ich das Versprechen einhalten soll, dass ich dir gab …“, grinse ich gequält.
Michael grinst zurück, küsst mich auf die Stirn und läuft zurück zum Wagen.
Ich mache mich auf den Weg durch die Fußgängerzone zu einem der kleinen Cafés, um auf der Terrasse die spätherbstliche Sonne zu genießen.
Tag 27
Wie zwei Kerzen stehen wir steif nebeneinander an dem grasbewachsenen Grab und betrachten den nichtssagenden Stein.
„Wie oft besuchst du das Grab deiner Eltern?“, erkundige ich mich, um den Schock zu überwinden. Tom, der Junge, dessen Handabdruck immer noch auf meiner Pobacke pocht, war jünger als ich. Und genau an dem Tag erst vierzehn geworden.
„Wie oft besuchst du das deiner?“, kontert er.
„Hm“, ich sehe zu ihm hoch. „Auch wenn ich wüsste, wo sie begraben wurden, würde ich nicht hingehen. Aber euer Verhältnis war nicht so miserabel wie unseres. Und zu Thomas gehe ich immer noch regelmäßig.“ Zwar nicht in jeder meiner freien Minute, so wie früher, aber immer noch mehrere Male im Monat.
„Willst du mir ein schlechtes Gewissen einreden?“, knurrt er mich an.
„Nein. Eigentlich suche ich nach einer Erklärung, warum ich Max nie am Friedhof begegnet bin.“
„Wahrscheinlich hält er genauso wenig von Friedhöfen wie ich.“
„Allerheiligen?“
Michael lässt die Schultern hängen.
„Kein Kranz. Weder zu Beerdigung, noch …“
„Worauf willst du hinaus, Katharina“, er wirkt grantig. „Du hast ihn mit keinem einzigen Wort erwähnt. Nicht nach der Verhandlung. Auch nicht, seit dem du im Spital aufgewacht bist.“
Nur, weil ich nicht über ihn spreche, heißt noch lange nicht, dass ich nicht an ihn denke. Und das tue ich. Viel zu oft und vor allem weit mehr, als mir lieb ist.
Ich sage nichts, seufze lediglich und wische mir die Träne aus dem Augenwinkel. „Er war so jung“, bin ich erschüttert und frage mich, ob irgendjemand von der alten Clique um sein wahres Alter Bescheid wusste. Wusste jemand um mein Alter Bescheid? Ich bezweifle es.
„Er kam mit seinem Stiefvater nicht klar und wurde daher von seinen Großeltern großgezogen. Die sind kurz nach seinem Tod gestorben.“
„Es sieht hier so aus, als würde ihn keiner besuchen kommen“, bemerke ich schniefend.
„Und dabei bleibt es auch. Komm ja nicht auf die Idee, dich drum zu kümmern. Das zieht dich nur runter.“ Er ergreift mich auch schon am Arm und zerrt mich zum Ausgang. „Wie konnte ich mich nur von dir breitschlagen lassen, ihn ausfindig zu machen“, murmelt er für sich selbst. Und auch ich fange an, mich zu fragen, warum ich nach ihm suchen ließ. Um für den Rest meines Lebens ein schlechtes Gewissen zu haben? Unglücklich zu bleiben und Höllenqualen zu durchleiden, so wie es Maxs Mutter will?
„Du hast alle Einladungen zum Essen ausgeschlagen. Morgen kommst du, sonst hole ich dich persönlich ab.“
„Morgen habe ich …“
„Nein, hast du nicht“, lässt er mich staunen. Vor allem, weil ich sagen wollte, dass ich endlich Zeit habe.
„Was ist los mit dir? Du benimmst dich wie … Thomas!“, flutscht mir von der Zunge, worauf mir Michael umgehend den Rücken zudreht.
„Ach“, seufzt er bedrückt. „Nichts.“ Er läuft voraus zum Wagen. Ich komme ihm nur langsam nach, alleine, weil seine Beine wesentlich länger sind als meine.
„Lüg mich nicht an. Du hast mir ein Versprechen abgerungen, ohne eine Ahnung zu haben, was ich seit dem für einen Alltag habe. Also sag mir jetzt, was los ist. Ist es wegen Jutta? Hat sie es sich anders überlegt? Stört es sie, dass wir uns so oft sehen?“ Es würde mir das Herz brechen, wenn ich meinen einzigen Freund aufgeben müsste, aber ich kann es verstehen …
„Nein. Nein, wo denkst du hin!“, dreht er sich plötzlich um und kommt mir schnell entgegen. „Im Gegenteil!“
Ich habe sofort einen Dreier vor Augen, worauf mich ein unangenehmes Schwindelgefühl beinahe von den Beinen fegt.
„Jutta …“
„Also doch.“ Meine panische Angst, ihn zu verlieren, schnürt mir die Kehle zu.
„Lass mich mal ausreden.“
Doch er sagt nichts.
„Ist gut, Michael. Ich kann sie verstehen. Wir haben zwar schon lange nichts mehr miteinander, aber wir hatten. Das kann auf Dauer keiner Beziehung guttun.“ Ich gehe um den Wagen herum und will einsteigen, aber er hält mich davon ab.
„Jutta will ein Kind.“
Ich runzle die Stirn. „Wie soll das gehen?“ Ich habe keinen blassen Schimmer, ob Jutta mit der Idee einer Geschlechtsumwandlung spielt, dennoch weiß ich, dass es auch danach nicht funktionieren wird. „Wollt ihr eins adoptieren?“
„Nein“, Michael flüchtet mit dem Blick, bis es schließlich aus ihm hinaus platzt. „Sie hätte gerne, dass ich eines mit dir zeuge.“
Ich erinnere mich augenblicklich an Spiele, bei denen mir Thomas die Brüste abgebunden hatte. Auch an das ständige Pumpen, das zu Folge hatte, dass ich tatsächlich Milcheinschuss bekam. Und ich erinnere mich sogar daran, dass Michael bei unserem spontanen Jugendabenteuer von diesen Praktiken was mitbekam.
„Ich glaube, ich nehme lieber den Bus.“
„Sie will mit dir schon länger darüber reden.“
„Deshalb all die Einladungen zum Essen.“
Michael verstummt. Erst als ich mich in Richtung der Bushaltestelle begebe, packt er mich erneut am Arm. „Komm, setz dich ins Auto. Ich bringe dich, wohin du willst.“
„Ein Wort darüber und ich steige aus. Auch während der Fahrt.“
Ich bekomme den Gedanken nicht mehr aus dem Kopf, auch wenn er sein Wort hält und schweigt. Zumindest während der Fahrt.
„Bitte, tue ihr den Gefallen …“
Mein Entsetzen steht mir auf die Stirn geschrieben.
„Komm zum Essen. Rede mit ihr und erkläre ihr deinen Standpunkt.“
Mir dämmert es allmählich. „Wie ist es mit dir? Willst du denn ein Kind?“
Michael sieht auf die Uhr, küsst mich auf die Stirn und eilt zurück zum Auto, von dem er mich bis in die Fußgängerzone begleitete. „Ich bin spät dran.“
„Solltet ihr zwei euch nicht zuerst klar werden?!“, rufe ich ihm nach und begebe mich dann kopfschüttelnd in das nächstgelegene Café.
Ich wickle mich in eine der Decken, die im Cafégarten auf jedem der Stühle liegt. Danach nehme ich einen Schluck von dem heißen Tee, während ich die Unterlagen studiere, die ich in den letzten Tagen per Post erhielt. Ein paar Einladungen zu Vorstellungsgesprächen, die mich allesamt nicht wirklich interessieren. Ich werde wohl am Schluss eine Münze werfen. Oder … Ich erinnere mich an das wahnsinnige Spiel, das am Schluss den Jungen das Leben kostete. Ich mache die Augen zu und versuche hinter geschlossenen Lidern ein paar Antworten finden. Als ich die Augen wieder öffne, durchfährt mich ein kräftiges Zucken.
„Die hat mich tatsächlich verflucht“, entgeht mir durch die halb offenen Lippen. Ich ergreife sofort alle meine Sachen und will aufstehen, als er seine Hand auf meine legt.
„Ich muss mich entschuldigen.“
„Nein!“, reiße ich mich unter seiner Hand weg. „Ich verlange von Ihnen keine Entschuldigung. Ich verlange lediglich, dass Sie mir für den Rest meines Lebens fernbleiben.“
„Katharina, bitte …“
„Zahlen!“, rufe ich dem Kellner zu.
„Bitte, gib mir eine Chance“, bettelt er weiter.
„Nein. Ich habe auch keine Chance bekommen. Sie haben mich verletzt. Mir gegen meinen Willen meinen Körper gepierct und mich zu allem Übel vor allen bloßgestellt.“
„Alles in Ordnung, Frau Heurix?“, erkundigt sich der Kellner.
„Nein. Dieser Mann belästigt mich“, verlange ich nach Hilfe.
„Soll ich die Polizei rufen?“
„Das überlasse ich Ihnen. Mir würde schon reichen, wenn Sie mir ein Taxi rufen und bis zur Ankunft Gesellschaft leisten.“
„Klar doch. Kommen Sie mit. Der Tee geht aufs Haus.“ Der junge Kellner wirft dem Mann, den ich nicht viel älter schätze, als ich selbst bin, einen bitterbösen Blick zu. Mit der Hand auf meinem Rücken folgt er mir ins Café hinein.
„Katharina. Ich liebe dich. Ich liebte dich schon damals, nur deshalb konnte ich nicht widerstehen …“
„Pha!“, bricht aus mir heraus. „Ich habe den Messerstich offensichtlich nicht überlebt und bin tot. In der Hölle.“
Hinter meinem Rücken kichert der Kellner.
Die meisten in der Gemeinde wissen, was bei mir zuhause vorgefallen ist. Kaum einer weiß, aus welchen Ereignissen der Messerstich hervorgegangen war.
Der Kellner begleitet mich bis zur Theke, geht um den Tresen herum und stellt mir nur wenig später ein Glas vor.
„Die Anmache war nicht gerade originell, aber … Immerhin liebt er Sie“, versucht er mich aufzumuntern.
„An seiner Art Liebe bin ich nicht interessiert“, ich kippe den Inhalt des Glases in mich hinein und verziehe das Gesicht. Ich hatte das Getränk weit unterschätzt und nun blieb mir die Luft weg.
„Ah, Verzeihung“, rudert er zurück. „Ich wusste nicht, dass Sie auch zu dem Orden gehören, der das alte Hospiz betrieb.“
Ich schließe die Augen und reibe mir mit den Fingerspitzen kreisend die Stirnfalten glatt. Mit jedem weiteren Kreis lichtet sich meine Mimik, bis ich schließlich lächle. „Nein, ich bin keine Ordensschwester. Wenn mir das jedoch den Typen vom Leibe hält, sollte ich vielleicht darüber nachdenken, eine zu werden.“
„Eine hübsche Frau wie Sie? Welche Verschwendung …“, er zwinkert mich kokett an.
„Wie alt sind Sie?“, erkundige ich mich.
„Fünfundzwanzig“, lächelt er verschmitzt.
„Haben Sie eine Freundin? Oder sind Sie vielleicht schon verheiratet?“
Er prustet vor lachen. „Das hat alles noch Zeit!“ Dann beugt er sich zu mir über den Tresen. „Ich schau mich nur um, wenn Sie verstehen.“
Ich stelle meine Ellenbogen auf die Platte, lege mein Kinn in meine Hände und als sich meine Nase gleich hoch mit seiner befindet, gebe ich etwas aus meinem Leben preis: „Das machte ich mit vierzehn-fünfzehn. Mit fünfundzwanzig war ich bereits Witwe.“
„Das ist zwar traurig“, entgegnet er in einem Ton, als würde er Weisheiten verteilen. „Aber wie alt sind Sie jetzt? Zweiunddreißig? Dreiunddreißig?“
Ich schweige, denn in meinem Alter genießt man solche Komplimente, statt darauf zu antworten.
„Das ist immer noch jung, um nochmals durchzustarten und vielleicht sogar Mutter zu werden.“
Ich lege ihm einen Zwanziger auf den Tresen, richte mich auf und entgegne: „Sage ich doch. Tot und in der Hölle.“
Der junge Mann verdreht die Augen, lacht jedoch amüsiert. „Bis bald, Frau Heurix.“
„Bis bald, Richard.“
Tag 62
„Ein kleines Mädchen wäre toll. Aber ein Junge wäre auch super.“
Jutta hüpft um den Tisch herum, bringt Teller und Töpfe mit Speisen, füllt die Gläser. Michael starrt geistesabwesend in seinen Teller. Ich frage mich, wann er aus diesem Gespräch oder eher Monolog ausgestiegen ist. Vielleicht zu Beginn dieses Treffens, oder gar schon bei der ersten Einladung, der ich, wie den darauf folgenden gefühlten zwanzig, nicht gefolgt bin.
Wahrscheinlich kriegt er seit Monaten nichts anderes von Jutta zu hören.
„Du hast eine tolle Figur und eine fabelhafte Haut und das mit … Wie alt bist du eigentlich?“
Ich werfe das Besteck in den Teller. Es scheppert unangenehm laut, was mir die Blicke von beiden beschert und nun ist auch Michael voll dabei.
„Du wirst sicher eine Klasse-Mutter. Ich hätte mich glücklich geschätzt, deine Tochter zu sein. Aber das war ich eben nicht. Ich hab es öfters mal anklingen lassen, aber scheinbar war da dein Mann auf beiden Ohren taub oder schwer von Begriff. Ich habe mit zehn angefangen zu saufen. Mit elf rauchte ich meinen ersten Joint. Mit zwölf kokste ich schon und ließ mich von jedem vögeln, der mir Alkohol oder Drogen besorgte. Mit vierzehn lernte ich zu fixen. Willst du dir diese Gene ins Haus holen?“
Ich merke, wie mich Michael anstarrt. Er scheint entsetzter zu sein als seine Frau und das bringt mich dazu, nachzudenken, wie direkt ich war, als ich all das Mal anklingen ließ.
Plötzlich erstarre ich. Vierzehn – geht mir durch den Kopf. Was ich in dem Alter schon alles hinter mir hatte. Nur aus der jetzigen Sicht kommt mir der Junge unglaublich jung vor. Ich war ja damals nur um drei Jahre älter als er. Drei Jahre – die mir damals garantiert wie eine halbe Ewigkeit vorkamen.
„Das ist ja schrecklich!“ Jutta runzelt die gepuderte Stirn und mir fällt erst jetzt auf, dass sie geschminkt ist, als hätte sie vor auszugehen. Es fällt mir nichts Besseres ein, als mich zu fragen, ob ich tatsächlich so eine Mutter hätte haben wollen. Eine, die rund um die Uhr ausgehfertig aussieht.
„Ich kann mir so was gar nicht vorstellen“, erklärt sie bestürzt. „Ich bin behütet aufgewachsen. Meine Eltern liebten mich bis zu ihrem letzten Tag.“
„Meine nicht. Ich war weder geplant noch gewollt. Zum Glück ist das bei euch zwei anders. Da ist sich zumindest einer sicher, was den Nachwuchs angeht“, lasse ich die Bombe platzen.
Jutta lächelt mich noch eine Weile an, bis sie stutzt. „Wie meinst du das?“
„Liebling“, räuspert sich Michael und streckt seinen Arm nach ihr.
„Da ihr was Wichtiges zu besprechen habt, werde ich mich jetzt auf den Weg machen.“ Diesmal küsse ich Jutta auf die Wange, denn Michael sieht mich ganz eigenartig an, als könnte er mich von der Brücke schubsen, auf der wir letztens saßen und ins Wasser starten.
Tag 63
Ich trinke direkt aus der Flasche, mein Blick ist auf den Spiegel gerichtet, der sich an der Rückwand der Bar befindet.
„Fang bitte nicht gleich an zu schreien“, flüstert er mir ins Ohr.
Ich nehme den Flaschenhals von meinen Lippen und werfe einen Blick über meine rechte Schulter. Daraufhin kommt er hinter meinem Rücken hervor und setzt sich auf den Hocker neben mir. „Auch ein Bier, aber vom Fass“, deutet er mit der Hand zu mir und sieht mich anschließend an. „Ich hätte dir weiterhin täglich Blumen geschickt. Aber wenn du sie jedes Mal in die Tonne haust, ist der Einzige, der was davon hat, der Blumenhändler.“
Ich wende mich wieder meiner Flasche zu und beobachte ihn weiter im Spiegel. Wie er mich anstarrt, mustert und nur Gott weiß, was dabei in seinem Kopf vorgeht.
„Einen Tag zuvor habe ich meinen Dreißigsten gefeiert. Mit einem Korsett-Piercing. Die Tussi war nach all den Schmerzen so geil, dass ich tatsächlich an meine Grenzen stieß …“
Es soll wohl ein Lachen sein, aber es hört sich an, wie ein Nashorn, das mit dem Fuß am Boden schert und durch die Nüstern Luft hinaus stößt. Tja – ich war mal tatsächlich im Zoo. Mit der Klasse, nicht mit meinen Eltern. Die mochten den Gestank nicht.
Ich stelle die Bierflasche wieder mal ab, klemme meine Nasenspitze zwischen den Daumen und Zeigefinger und fange an sie zu massieren, denn sie juckt unheimlich.
„Aber es war nichts im Vergleich zu dem Abend danach. Als er dich das erste Mal in die Burg brachte.“
Ich hebe die Flasche als Zeichen für den Barmann, dass ich gerne noch eine hätte. Er reagiert prompt und schon nehme ich einen Schluck frischen kalten Biers.
„Diese Nippel würde ich unter Tausenden erkennen. So dunkel, verglichen mit der blassen Haut. Und spitz … Gott, wie spitz …“, seufzt er erregt. Dann verstummt er für einen Moment, schüttelt den Kopf und blinzelt einige Male. „Als ich dich an dem Zirkusabend in den Ketten sah … Ich war wie von Sinnen.“
Ich stelle fest, dass das Bier aus der vorherigen Flasche besser schmeckte. Das liegt womöglich an dem, was ich gerade zu hören bekomme. Das Getränk schmeckt ungewohnt fahl.
Er beugt sich zu mir vor und flüstert mir zu: „Du trägst die Clicker nicht zufällig immer noch?“
Ich stelle die Flasche ab, schiebe sie von mir, rülpse hinter geschlossenen Lippen und winke den Barmann zu mir.
„Ich hätte es nicht tun dürfen. Unter keinen Umständen, aber … Ich war wie besessen. Ich sah diese Nippel, von denen ich all die Jahre träumte. Ich konnte es nicht glauben, war mir nicht sicher. Aber, als ich dann das winzige Muttermal auf deiner Leiste erkannte …“ Er zieht die Luft so fest durch die Nase hinein, dass ich mich gedrängt fühle nachzusehen, ob er nicht kokst.
Während ich mit der rechten Hand in der Handtasche auf meinem Schoß nach dem Portmonee suche, streichle ich mir mit der anderen Hand die Gänsehaut glatt. „Zahlen bitte“, sage ich zu dem Barmann.
„Das waren vier …“ Er legt daraufhin den Bon auf den Tresen. Nur kurz bekomme ich die Zahl zu sehen, denn schon verschwindet sie in der Hand meines Sitznachbarn.
„Die Rechnung übernehme ich“, entscheidet er.
Ich lege einen Schein auf den Tresen und schiebe ihn dem Barmann entgegen. „Stimmt so.“ Als ich mich umdrehe und gehen will, legt er mir die Hand auf den Unterarm.
„Darf ich dich wenigstens nach Hause bringen?“, bettelt er mich an.
„Das war alkoholfrei. Ich bin weder angesoffen, auch nicht schwachsinnig.“ Ich will weiter, aber er ergreift mich sehr schnell und bevor ich irgendwas unternehmen kann, küsst er mich auf den Mund. Ich will ihn wegstoßen, schreien und noch so einiges, aber ich unternehme nichts. Denn, während seine Worte in meinem Kopf hallen … Die Worte, die vor Begeisterung triefen, sehe ich vor meinen geschlossenen Lidern Thomas’ Augen. Diesen ganz besonderen Glanz. Den, der allein mich oft zum Schmelzen brachte.
Irgendwann verziehen sich die Erinnerungen wieder, ich werde Herrin über meine Sinne und meinen eigenen Körper. Da stoße ich ihn fest von mir und flüchte aus dem Club. Direkt hinter der Tür bleibe ich stehen und ziehe genauso tief und fest die Luft durch meine Nase, wie er zuvor. Ich atme so tief ein, spüre, wie sich mein Körper mit der kühlen Luft füllt, bis in die Schenkel hinein. Es kribbelt unter der Haut, meine Knie werden weich und ich bekomme unheimliche Lust auf Sex.
Ich lecke mir über die Lippen, schmecke ihn und wundere mich, weil er nicht so nichtssagend schmeckt wie zum Beispiel Andy. Oder all die anderen Männer, mit denen ich nach Thomas im Bett landete.
Etwas unsicher auf den Beinen taumle ich zu meinem Wagen und fahre heim. Im Bad stehe ich dann lange vor dem Spiegel und starre mich prüfend an.
Man kann sie nicht sehen, aber ich spüre sie deutlich. Meine harten Nippel, die gegen die Spitze des Büstenhalters drücken. Ich lege meine Hände auf meinen Busen und presse ihn nieder. Doch es nützt nichts. Die Brüste sind platt, aber die Erregung flacht dadurch kein Bisschen ab.
„Nein. Und wenn ich …“, ich kann nicht das aussprechen, von dem ich am meisten Angst habe: Einsam zu bleiben.