Inhalt:
Alex hatte in der Liebe auf den falschen Mann gesetzt. Statt ins Liebesparadies schickte er sie durch die Hölle.
Nach Jahren der Qualen schaffte sie es aus den Fängen des Zuhälters und schwor Rache. Der Mann, den sie eins sehr geliebt hatte, sollte büßen, ihr Vertrauen auf solch niederträchtige Art missbraucht zu haben. Nur dieses Ziel im Fokus, verlor ihr eigenes Leben für sie an Bedeutung.
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Carnivora
Carnivora
I. Teil
Novelle
© 2019 Zoe Zander
Carnivora (1. Teil – Neuauflage von „Geraubte Seele“)
Novelle
Alle Rechte vorbehalten
Cover und Covergestaltung: Jeanette Peters
Buchsatz und Textgestaltung: Zoe Zander
Postadresse:
Zoe Zander
Albertgasse 49/12a
1080 Wien
Email: zander.zoe@gmail.com
Autorenseite: www.zoe-zander.at
Die Menschen sind so, wie sie sind, weil sie genau so sein wollen, oder nicht anders können. Nur weil die Mehrheit behauptet, es ist falsch, so zu sein, so muss es nicht stimmen.
Zoe Zander
Das Buch:
Alex hatte in der Liebe auf den falschen Mann gesetzt. Statt ins Liebesparadies schickte er sie durch die Hölle.
Nach Jahren der Qualen schaffte sie es aus den Fängen des Zuhälters und schwor Rache. Der Mann, den sie eins sehr geliebt hatte, sollte büßen, ihr Vertrauen auf solch niederträchtige Art missbraucht zu haben. Nur dieses Ziel im Fokus, verlor ihr eigenes Leben für sie an Bedeutung.
Informationen zur Autorin finden Sie am Ende des Buches.
Im Abendrot
Ich will mit hundert Sachen
wie ein grüner Efeu
mich wickeln um einen Mast.
Oder am seidenen Faden
es der Raupe gleich tun
und baumeln an einem Ast.
Vielleicht wie ein Falke
mich in schwindelerregender Höhe
kopfüber stürzen von den Klippen.
Und am Feierabend im Mondschein
Mit der Klapperschlange
an einem Glas zu nippen.
In der sengenden Hitze,
mit einem Stein an der Kette,
möchte ich baden gehen.
Bei Schnee oder Regen,
in der Nacht ohne Sterne
auf den Gleisen stehen.
Leicht wie eine Feder
auf knisternden Drähten
werde ich balancieren.
Das gesetzte Ziel habe ich nicht erreicht …
So tut es mich jetzt nach dem Schicksal
einer Eintagsfliege gieren…
Zoe Zander
1.1
Die Männer saßen am Tisch und unterhielten sich angeregt. Der Zigarettenrauch hatte inzwischen fast den gesamten Sauerstoff aus dem Raum verdrängt. Schwere Schwaden hingen in der Luft, als wollten sie auf den kurz vor dem Abschluss stehenden Vertrag ihr Siegel setzen.
Die blutrote Sonne war nur noch einen Schritt vom Horizont entfernt. Der Raum versank im Zwielicht. Kaum einer bemerkte, wie ich über die Türschwelle schritt.
Auf leisen Pfoten, so wie es sich gehörte, schlenderte ich an der bodentiefen Fensterfront vorbei. Als hätte ich alle Zeit der Welt …
Hin und wieder blieb ich stehen, räkelte mich am Glas entlang. Als wollte ich jeden einzelnen der letzten Sonnenstrahlen abfangen.
Nun schenkten mir einige von ihnen ihre Blicke. Ihre Gedanken und Aufmerksamkeit gehörten immer noch dem gemeinsamen Gespräch.
Lediglich in einem Paar Augen funkelte es bei meinem Anblick, auch wenn der Gesichtsausdruck nichts von seiner Entzückung verriet.
Ich bog um den Tisch und berührte einen der Männer wie unbeabsichtigt mit meinem Schwanz.
Die Männer unterhielten sich angeregt weiter. Ihre Konzentration galt immer noch dem Gespräch, doch sämtliche Blicke waren längst auf mich gerichtet. Jeder fragte sich, wie ich hierher kam, was ich hier suchte und zu wem ich wohl gehörte. Dieses Geheimnis wollte ich nun lüften …
Leicht wie eine Feder glitt ich zu Boden, machte eine Rolle und verbog mich dabei, als wäre ich aus Gummi. Danach reckte und streckte ich mich, als wäre es das größte Vergnügen, das ich jemals empfunden hätte. Als mein glänzender Samt über den handgeknüpften Teppich streifte, knisterte es laut. Die Männerrunde verstummte. Ich spürte, wie ihre Blicke meinen durchgebogenen Rücken abtasteten und an meiner Schwanzspitze hängen blieben. Ich zeigte mich davon unbeeindruckt und schlich mich langsam an den Mann ran, der es sich gerade auf dem Chesterfield Sofa bequem gemacht hatte. Zuerst schmiegte ich mich mit der Wange an sein Bein, ehe er mir seinen auf Hochglanz polierten Schuh entgegen schob. Ich senkte meinen Kopf zu Boden, streckte meine Zunge über meine Lippen und leckte die glänzende Schuhspitze ab. Sein Arm glitt an der Lehne hinab, er streifte mir mit der Hand über den Rücken, den Po entlang, bis zu meinem Schenkel. Dort schien er den richtigen Platz für seine Hand gefunden zu haben und so ließ er sie dort liegen, solange ich mit seinem Schuh beschäftigt war.
Die Männer starrten mich an. Manche von ihnen waren von ihren Stühlen aufgestanden, weil ihnen die Tischplatte die Sicht auf mich versperrte. Erst als der Inhaber dieses Schuhs zu sprechen begann, füllte sich der Raum erneut mit ihren lauten Stimmen und die Stehenden nahmen wieder ihre Plätze ein. Ich tat so, als hörte ich nicht zu. Als gäbe es nichts Wichtigeres in meinem Leben, als diesen nach Leder riechenden Schuh. Erst als der Mann seine Nägel in meinen Innenschenkel bohrte, hörte ich mit der Schuhpflege auf und schmiegte mich an sein Bein. Mit der Hand streifte er mir erneut über Po und Rücken, kraulte mich hinter meinem spitzen Ohr, ehe er eine Leine an der Öse meines Halsbandes befestigte.
„Ich habe euch ja gesagt, dass ich mir eine Katze zugelegt habe“, bemerkte er ganz nebenbei und ohne jedweden Ausdruck von Freude.
„Ja schon, aber …“, flüsterte einer der Männer.
„Das ist doch eine Katze, oder etwa nicht?“, fragte er nach und blickte dabei in die Runde, als ob er tatsächlich eine Antwort darauf erwarten würde.
Ja, ich war eine Katze, heute jedenfalls. Nein, ich war keine junge Schauspielerin, die jede Rolle annahm, nur um weiter zu kommen. Ich war eine Hure. Doch längst nicht mehr diese unscheinbare Nutte, die meine große Liebe einst aus mir gemacht hatte. Ich war nicht mehr auf jeden Freier angewiesen, sondern durfte mir mein Klientel selbst aussuchen. Und das tat ich mit größter Sorgfalt und nach ganz bestimmten Kriterien. Die Männer fühlten sich entsprechend geehrt, wenn sie zu den Auserwählten zählten.
„Hat sie auch einen Namen?“, fragte der Mann nach, dem ich vorhin mit dem Schwanz über die Wölbung seiner Anzughose geglitten war. Er war für mich kein Unbekannter, auch wenn er nicht ahnte, wer sich unter dem engen Tierkostüm aus Samt verbarg.
So lange habe ich auf die Gelegenheit gewartet, ihm erneut zu begegnen. Nun war ich überrascht, wie kalt mich seine Nähe ließ. War ich zu professionell geworden, oder wurde ich damals tatsächlich meiner Seele beraubt und konnte nunmehr weder Trauer, Hass noch Freude oder Glück empfinden?
Dies war kein passender Augenblick, um über solche Dinge nachzudenken.
Der Inhaber des Lederschuhs griff nach dem mit Swarovski-Steinen geschmückten Schild auf meinem Halsband.
„Cloe.“
Ich musste nicht in sein Gesicht sehen, um zu wissen, dass er über den Namen, den ich mir heute selbst gegeben hatte, schmunzelte.
Plötzlich packte er zu, sodass manche der Männer erschrocken zusammenfuhren. Nur ich blieb ruhig, auch wenn er so fest an meinem Halsband zog, dass ich kaum noch Luft bekam. Ruhig, als wäre sein Vorgehen das Natürlichste der Welt, legte ich ihm meine Hand im Samthandschuh auf das Knie und rutschte zwischen seine Beine. Während er weiter an meinem Halsband zog und mir die Kehle zuschnürte, öffnete ich seine Gürtelschnalle und den Hosenbund. Erst als ich sein Glied in den Händen hielt, lockerte er ein wenig seinen festen Griff.
„Lasst es uns endlich zum Abschluss bringen, ich habe heute noch einiges vor.“
Man konnte direkt ein unterschwelliges Grinsen aus seiner Stimme heraushören, aber auch davon ließ ich mich nicht beeindrucken. Stattdessen erfüllte ich meine Aufgabe, so wie es vor Wochen telefonisch vereinbart wurde.
Mein Terminkalender war gar nicht so belegt, wie es mancher vermuten würde. Meine Dienste waren jedoch sehr anspruchsvoll. Sie verlangten mir und meinem Körper sehr viel ab. Ich brauchte ausreichend Zeit, um mich zu erholen. Und bevor der versprochene Betrag nicht auf meinem Konto erschien, verabredete ich mich grundsätzlich zu keinem Treffen.
Während die anderen weiter über legale und weniger offizielle Preisabsprachen diskutierten, schwieg er. Er mochte zwar so tun, als würde sich dieses orale Vergnügen, das ich ihm bereitete, von all den anderen, die er bereits erlebt hatte, nicht unterscheiden. Als ich jedoch seine Lust in mich aufsog, laut schluckte, mir genüsslich mit der Zunge über die Lippen glitt und sagte: „Danke mein Herr“, konnte ich die staunenden und neidischen Blicke der anderen in dem Leuchten seiner Augen sehen. Ihm gefielen die Reaktionen der Zuschauer sehr. Für mich waren die Zuschauer heute nur Statisten, also schenkte ich ihnen keine Beachtung.
Während ich sein Glied wieder in seiner Hose verstaute, brachte er das Gespräch der Männerrunde zum Abschluss und richtete dann seine Worte an mich.
„Ich hab ein Geschenk für dich, Cloe. Du findest es im Nebenzimmer. Ich will, dass du dort auf mich wartest. Ich hoffe, du weißt, was ich von dir erwarte.“ Seine Stimme klang kühl, genau so war auch sein Gesichtsausdruck. Auch das beeindruckte mich nicht.
Alles nur Worte, leere Phrasen und Rollenspiele.
Doch während all die Männer, mit denen ich mich traf, neben ihren Realitäten jedes Mal nur in eine Rolle schlüpften, hatte ich Tausende in meinem Repertoire und in diesem Moment war ich eben eine Katze.
„Ja, mein Herr, ich werde mein Bestes tun.“ Ich stand langsam auf und genauso langsam begab ich mich aus dem Raum. Noch war ich eine Katze und Katzen haben bekanntlich ihren eigenen Kopf. Sie tun und lassen, was sie wollen und das gänzlich unbeeindruckt von irgendwelchen Befehlen.
Ich kniete nackt auf dem Teppichboden, saß dabei auf meinen Fersen. Mein Oberkörper war aufgerichtet, die Schultern nach hinten gedrückt, der Kopf hochgehoben, als wäre ich unheimlich stolz darauf, mich so zu präsentieren. In meinen Händen hielt ich das, was er als Geschenk bezeichnete, und ich streckte es der Tür entgegen, als wollte mein Herr jeden Augenblick hereinkommen. So verharrte ich bereits gute fünfzehn Minuten und es konnte noch genauso gut eine Stunde dauern, bevor er sich blicken lassen würde. Aber das gehörte zu meinen Aufgaben und ich hatte lange dafür trainiert.
Irgendwann wurden die Stimmen im Nebenraum weniger, bis nunmehr zwei übrig blieben. So unberührt und desinteressiert ich mich die ganze Zeit gab, wusste ich nun über einiges Bescheid. Unter anderem auch, dass die Versicherung, die erst gestern in ihrer neuen Werbeaktion verkünden ließ, die Bestnoten in allen Konsumententests bekommen zu haben, dank der Beziehungen dieser Männerrunde dieses Quartal nicht überleben wird. Das würde enorme Auswirkungen auf den Aktienmarkt haben.
Ich war eine Hure. Ich war jedoch nicht eine geworden, weil ich nichts gelernt hatte, womit ich für meinen Unterhalt sorgen könnte. Ich war nicht dumm, bestimmt aber naiv, dazu unheimlich verliebt und er … Er war verheiratet und das war er immer noch. Nur damals machte er mir Komplimente, brachte mir Blumen, versprach mir das Blaue vom Himmel und dass er sich scheiden lassen würde. Ich war jung und er war für mich da, als sich mein Vater über Nacht aus meinem und dem Leben meiner Mutter schlich. Ich vertraute ihm, denn er sprach von Scheidung und Hochzeit und bat sogar meine Mutter um ihre Zustimmung, da ich erst sechzehn war. Meine Mutter jagte ihn damals zum Teufel und ich ging freiwillig mit ihm mit, träumte dabei von einem weißen Kleid mit einer langen Schleppe.
Doch dann fing seine Frau an, Probleme zu machen. Sie wollte der Scheidung nur zustimmen, wenn er ihr genügend Geld zahlen würde. Geld, das er angeblich nicht hatte. Ich konnte nicht ertragen, dass er so traurig war, wollte alles tun, nur um ihm zu helfen und das sollte ich auch. Mal mit seinem Freund, mal mit dem Geschäftspartner, später mit fremden Männern. Aber das Geld reichte noch lange nicht. Dann stellte er mir eines Tages jemanden vor, der dafür sorgen sollte, dass ich genug verdiene.
Meine Treffen mit den fremden Männern wurden ihm bald wichtiger als unsere gemeinsamen Stunden. Wir sahen uns immer seltener. Dann ließ er sich eines Tages gar nicht mehr blicken. Noch heute hallt mir das verhöhnende Lachen des Zuhälters im Kopf, als ich ihm damals sagte, dass ich gehe. Ich schaffte es nicht mal bis zur Tür. An dem Tag schlug er mich das erste Mal bewusstlos. Zwei Tage später schickte er mich mit einer Gehirnerschütterung schon wieder auf den Strich. Er sagte, mein Exfreund hätte mich ihm als Pfand überlassen. Für das Geld, das er ihm schuldete. Ich müsste diese Schulden nun abarbeiten. Erst wenn diese beglichen wären, würde er mich gehen lassen.
Als er mich eines Nachts im strömenden Regen hinter der Absperrung auf einer Brücke aufgriff, von der ich springen wollte, sperrte er mich in seinem Bordell ein. Es vergingen zwei lange Jahre, ehe ich wieder an die frische Luft durfte. Da war ich zwar um ein Vermögen ärmer, dafür gehörte mein Körper endlich wieder mir und ich konnte bei Null anfangen.
Frei war ich noch lange nicht …
„Was kostet die Kleine in der Stunde?“
Seit unserer letzten Begegnung waren inzwischen zwölf Jahre vergangen. Sein Aussehen mochte sich verändert haben, seine Stimme erkannte ich sofort. Der Inhaber des Lederschuhs lachte kurz amüsiert.
„Ruf mich morgen an, dann erkläre ich dir alles.“ Er legte seine Hand auf den Türgriff und wollte schon das Zimmer betreten, in dem ich mich befand.
„Hier hast du meine Karte.“ Eine weiße Karte wurde durch den Türspalt gereicht. „Darauf steht die Adresse meines Hotels. Schicke sie nachher zu mir rüber.“ Der Inhaber des Lederschuhs blickte kurz zu mir. Ich streckte ihm weiterhin reglos die Hände entgegen, als wäre ich zu Stein geworden und sah ihn dabei an, als hätte ich kein einziges der gesprochenen Worte vernommen.
„Nein“, antwortete er entschlossen. „Komm morgen zu mir ins Büro, aber lass mich jetzt mit ihr alleine. Ich habe zu tun.“ Er schob ihn mit der Hand zurück, damit er die Tür hinter sich schließen konnte.
Er stand noch einen langen Moment da, als würde er überlegen, ob er richtig gehandelt hatte. Es ging jedoch nicht darum, ob er seinen Freund mit seiner abweisenden Art beleidigt haben könnte. Er war sich nicht sicher, wie ich auf diesen kleinen Zwischenfall reagieren würde.
Abwartend starrte er mich an, aber ich zuckte nicht einmal mit der Wimper. Langsam kam er auf mich zu. Die ersten Schritte waren noch zaghaft, doch rasch gewann er an Selbstvertrauen und mit zunehmender Sicherheit fühlte er sich wieder mächtig.
„Bitte sehr, mein Herr. Ich stehe zu Ihren Diensten.“
Er neigte sich zu mir runter, doch seine Aufmerksamkeit galt nicht mir, sondern der Leine, die zwischen meinen Brüsten hing. Er nahm sie in die Hand. Als hätte er einen Befehl ausgesprochen, stand ich auf und ging ihm nach.
Wir blieben vor einem Tisch stehen. Dem einzigen Tisch in diesem Raum. Die Sachen, die darauf lagen, habe ich bereits gesehen, als ich mich vorhin entkleidete. Und auch wenn mein Kostüm wesentlich teurer war, als die Ledermanschetten und andere Utensilien, die sich auf dem Tisch befanden und sogar die Peitsche, die ich in den Händen hielt, lag alles, was mir gehörte, neben dem Tisch auf dem Boden. Denn hier und jetzt war dies alles, inklusive meiner Person nichts wert.
Er ließ die Leine los und legte mir die Manschetten an, ohne dass ich die Peitsche ablegen durfte.
„Danke, mein Herr“, erwiderte ich ergeben, solange ich noch konnte. Anschließend bekam ich einen roten Ballknebel zwischen die Zähne, den er mir am Hinterkopf mit einem Riemen fixierte. Dann nahm er die Leine wieder in die Hand und kaum machte er den ersten Schritt, folgte ich ihm wieder.
Der Raum war klein und wir bewegten uns im Kreis, als wollte er damit einen langen Spaziergang simulieren. Unter anderen Umständen hätte ich es vielleicht als lächerlich empfunden, aber hier und vor allem in diesem Moment, war ihm alles erlaubt. Alles, was vor Wochen am Telefon vereinbart worden war. Über den Sinn und die Ernsthaftigkeit des Ganzen machte ich mir hier keine Gedanken. Denn hier und vor allem in diesem Moment, war ich nicht Ich, sondern Cloe, die Katze.
Den Haken in der Decke hatte ich gleich bemerkt, als ich diesen Raum betrat. Statt der Kette, an deren letztes Glied er nun die Karabiner meiner Handmanschetten befestigte, hing dort früher wahrscheinlich ein Lüster.
Er kam mir ganz nahe, so nahe, dass sich beinahe unsere Nasenspitzen berührten, und sah mir in die Augen.
„Du bist wunderschön. Genau so, wie ich dich haben wollte. Dein rabenschwarzes langes Haar …“, bemerkte er fasziniert. „Und diese leuchtenden grünen Augen … Ich wusste, dass ich mich auf dich verlassen kann.“
Im selben Augenblick holte er mit dem Arm weit aus. Ich blickte ihm weiter ins Gesicht, denn was auch immer hier heute noch passieren würde, ins Gesicht schlagen würde er mir nicht. Es war ein Teil der Vereinbarung und an diese hielten sich die Männer.
Ich inserierte nicht, ich wurde empfohlen. Ich bot etwas an, was es sehr selten am Markt gab, wenn überhaupt. Ich hatte mich nie erkundigt und war nie interessiert, mich mit der Konkurrenz zu vergleichen. Ich wollte nicht die Beste sein, ich war die Beste. Alleine deshalb, weil ich ein anderes Ziel verfolgte, als die üblichen Träume anderer Frauen von Reichtum. Ich richtete mich auch nicht nach irgendwelchen Modeerscheinungen in irgendwelchen Szenen, neuesten Trends, und es war mir egal, welche Fachausdrücke es für meine Dienste gab. Ich hatte den Ruf, alles zu tun, wonach den Männern war, sofern sich diese an meine Regeln hielten.
Auf den Zehenspitzen stehend, mit gefesselten Armen und einem Knebel im Mund würde ich zwar nichts gegen eine Ohrfeige unternehmen können. Danach jedoch würde mich dieser Mann kein zweites Mal zu Gesicht bekommen und dies sprach sich schneller herum, als ich Termine vergeben konnte. Ein Nein aus meinem Mund galt bereits in meinen Anfangszeiten schon fast als ein Fluch. Nicht selten folgte meiner Ablehnung eines Mannes auch sein gesellschaftlicher Abstieg.
Er bückte sich, um die Peitsche aufzuheben, die mir aus den Händen gefallen war. Ich hatte sie nicht wirklich festgehalten. Sie lag nur auf meinen offenen Handflächen, wie auf einem Tablett. Er hatte sie mir regelrecht aus den Händen geschlagen, als er nach meinem Handgelenk griff, um den Karabiner an dem Kettenglied zu befestigen. Nicht dass ich mir darüber Gedanken gemacht hätte. An Orten wie diesen machte ich mir kaum Gedanken. Hier war ich schließlich nicht das Mädchen, das mit sechzehn die Schule abbrach und erst mit zweiundzwanzig den Schulabschluss nachholte, um danach fast in Rekordzeit fünf Semester des Jurastudiums zu absolvieren.
Das laute Sausen und der Hieb kamen fast zeitgleich. Ich biss in den Knebel und kniff dabei die Augen für einen Augenblick zu. Das war dafür, weil ich die Peitsche hab fallen lassen.
Der nächste Hieb ließ nicht lange auf sich warten. Der war dafür, weil Cloe, die Katze, mit seinem Geschäftspartner kokettierte. Und obwohl es weitere Hiebe auf meinen Rücken prasselte, galten diese in Wirklichkeit seiner Frau, die seine Kohle für jedweden Unsinn ausgab, inklusive verjüngender chirurgischer Eingriffe und regelmäßiger Schlankheitskuren.
Nach ungefähr einer halben Stunde war mir eine kurze Pause vergönnt. Da ging er zum Tisch, um die Spreizstange zu holen. Ich atmete durch die Nase tief durch, um wieder Kontrolle über meinen Körper zu erlangen. Mein Rücken brannte wie Feuer und daran war nicht nur das heiße Wachs schuld, dass er mir zuerst über die Schultern bis zum Steißbein gegossen hatte, ehe er es mit der Peitsche von meinem Körper wieder runter schlug. Ich erwischte mich dabei, dass mein Kopf doch nicht so gedankenfrei war wie sonst. Die so lange herbeigesehnte Begegnung machte mir mehr zu schaffen, als ich es anfangs für möglich hielt. Ich zitterte, aber er bemerkte nichts davon, denn mein Zittern ging in dem nächsten Satz Hiebe unter.
Er drückte sich von hinten an mich ran, rieb seinen Hosenstall an meinem Po, während er mir mit den Fingern in die Nippel kniff. Ich stöhnte leise und neigte dabei den Kopf zur Seite. Für ihn war es die Geste einer Aufforderung, mir ins Ohr zu flüstern:
„Heut giert es mir nach mehr.“ Dabei bohrte er mir seine kurzen Nägel in die Nippel, bis er mit der Lautstärke meines Stöhnens zufrieden war.
„Heut wirst du laut schreien, vor Schmerz und vor Lust, Cloe.“ Er tauschte die Peitsche gegen eine Gerte und stellte sich diesmal vor mich hin.
„Du Katze!“
Der Hieb hinterließ eine blutrote Spur auf meinem Bauch.
„Ich hasse Katzen. Meine Frau hat vier davon.“
Mit der Spreizstange zwischen den Knöcheln konnte er mich ungehindert auf meine Innenschenkel schlagen.
Plötzlich ließ er den dünnen Stock fallen und holte aus seinen Jackentaschen die ersten Holzklammern. Er grinste mich nur herablassend an, als mir ein großer Batzen Spucke auf die Brust klatschte. Dann klemmte er mir die ersten Holzklammern an die Nippel. Weitere vier am Rand der Vorhöfe, dann seitlich den Brustkorb entlang, bis hin zu den Leisten, Schamlippen und schließlich auch eine auf den Kitzler. Ich versuchte die Knie zusammenzuziehen, was natürlich wegen der Spreizstange unmöglich war, aber ihm gefiel dieser misslungene Versuch und nur darauf kam es an.
„Ich hasse diese Katzen.“
Weitere Klammern fanden an meinen Innenschenkeln Platz.
„Kleine faule Viecher, die sich den ganzen Tag nur herumräkeln.“
Mit den Fingern tippte er eine Klammer nach der anderen an. Jedes Mal schoss ein schmerzvoller Impuls durch meinen Körper und ich stöhnte laut.
Er hob die Gerte vom Boden auf und tippte nun mit dieser mehrere Klammern auf einmal an. Ich runzelte die Stirn, zischte laut und versuchte mich der Gerte zu entziehen. Mit so eingeschränkter Bewegungsfreiheit war es ein Ding der Unmöglichkeit. Aber schließlich wartete er darauf, dass ich mich widersetzen würde, sonst hätte er kaum einen Grund, um weiter zu machen. Nicht, dass er in seiner Rolle einen Grund dafür brauchte, aber so bereitete es ihm sichtlich mehr Vergnügen.
„Diese Viecher mit ihrem pechschwarzen Fell …“
Mit der freien Hand griff er mir an meinen straff geflochtenen Zopf.
„So schwarz wie dein Haar …“
Obwohl er in der anderen Hand die Gerte hielt, packte er die Klammer an meiner linken Brust und drehte sie. Es fühlte sich an, als hätte man mir eine lange Nadel quer durch den Körper getrieben, bis hin zu meiner Blase. Vor Schmerz hätte ich mich fast angepinkelt.
„Am liebsten würde ich ihnen in den Arsch treten!“, rief er laut, „und meiner Frau auch“, zischte er wesentlich leiser. Er ging um mich herum und zog mir die Gerte mit einem lauten Pfiff über die Pobacken. Anschließend griff er mir zwischen die Beine, glitt mir mit den Fingern bis zu der Klammer am Kitzler und zog sie runter. Ich riss an der Kette, als wollte ich mich loslösen, und meine Scham schützend mit meinen Händen bedecken, auch wenn ich wusste, dass es mir nicht gelingen würde.
Er stellte sich seitlich zu mir hin, schlug mir mehrmals mit der Gerte über die Pobacken, griff mir anschließend mit der anderen Hand von vorne zwischen die Beine, nur um festzustellen, dass ich genau so eine rollige Schlampe war, wie die Katzen seiner Frau, die es mit jedem Kater in der Nachbarschaft trieben. Zum Glück waren diese kastriert. Er wünschte, seine Frau wäre es auch, denn die Pille würde sie fett machen, also verweigerte sie diese und somit auch ihm den …
„… Sex!“, brüllte er laut und mit genau solcher Kraft, wie in der Stimme, schlug er erneut zu. Ich verlor den Halt und baumelte eine Weile hin und her.
„Dabei ist die Lösung so simpel“, fuhr er entspannt fort, nachdem er mit dem Zeigefinger zwischen meinen Backen meinen After fand, als Wegweiser für sein steifes Glied. Er stieß fest zu, während er mir mal mit der rechten, dann mit der linken Hand eine Klammer nach der anderen vom Körper riss. Entsprechend verbog ich mich in die Richtung des Schmerzes, was so aussah, als würde ich mich in seinen Händen winden.
Er machte einen halben Schritt nach hinten, hielt mich dabei an den Hüften fest. Ich verlor den Boden unter den Füßen und hing somit in seinen Händen, wie eine Marionette, ihm ausgeliefert. Bereit, von ihm für sein Spiel benutzt zu werden.
Irgendwann drückte er so fest zu, dass ich dachte, er würde mir die Hüften zertrümmern. Daraufhin versenkte er kurz sein Gesicht zwischen meinen Schulterblättern.
„Ich habe Lust, deinen Arsch heute noch öfters zu ficken. Du hast nun dafür zu sorgen, dass ich es kann.“ Während er sprach, löste er die Karabiner von der Kette, und da ich keinen festen Halt hatte, plumpste ich wie ein Sandsack runter auf den Boden. Mit offenem Hosenstall begab er sich zum Tisch und stöberte das Folterwerkzeug durch.
„Erst dann ist dein Dienst hier zu Ende. Und je länger du dafür brauchst, umso härter fällt deine Strafe aus.“ Er kam mit einem Satz Metallklammern zurück, stellte sich vor mich hin und wartete, bis ich mich mit zusammengebundenen Handgelenken und der Spreizstange zwischen den Knöcheln aufrichtete.
Ich wusste, dass ich um die Strafe nicht herumkomme. Schließlich sorgte gerade meine Bestrafung bei ihm für genügend Lust. Ich wartete, bis er mir den Knebel abnahm, und gab ihm zu verstehen, wie sehr ich mich um das Ausführen seiner Anweisung bemühen würde.
„Ja, mein Herr. Vielen Dank, mein Herr. Ich werde mein Bestes tun, um jede Ihrer Aufgaben und Wünsche zu Ihrer vollsten Zufriedenheit zu erfüllen.“
Irgendwann bekam er tatsächlich genug. Er nahm mir die Manschetten ab und ließ mich alleine, damit ich mich in Ruhe duschen, anziehen und meine anderen Sachen zusammenpacken konnte.
Als ich aus dem Zimmer kam, stand er am Fenster und blickte dem Sonnenaufgang entgegen. So sehr er die letzten Stunden auf Augenkontakt achtete, traute er sich jetzt nicht, mich anzusehen. „Das Taxi wartet schon“, blickte er in die Ferne.
Wortlos begab ich mich zur Tür. Ehe ich hinter dieser verschwand, drehte er sich doch noch um. „Ich möchte mich für das Verhalten meines Freundes entschuldigen.“
Ich zauderte nicht einmal und ging weiter, als würde ich seinen Worten keine Beachtung schenken.
Ich stieg aus dem Aufzug und lief ihm direkt in die Arme.
„Na das war aber eine lange Nummer. Hat es ihm bei deinem Anblick die Sprache verschlagen oder konnte er gar nicht genug von dir kriegen?“
Er packte mich am Unterarm und versuchte mich zurück in den Aufzug zu drängen. Mit der anderen Hand holte er ein kleines Bündel Scheine aus der Jackentasche und wollte sie mir in den Ausschnitt meiner Bluse stecken. Ich schlug sie ihm aus der Hand. Sie landeten breit zerstreut auf dem Marmorboden. Er sah nicht mal nach, als wäre ihm das Geld egal und fuhr fort:
„Ich hoffe, er hat noch was für mich übrig gelassen“, grinste er mich abwertend an und versuchte, mir mit der anderen Hand in den Schritt zu fassen.
„Lassen Sie mich los, sonst fange ich an zu schreien.“ Ich machte einen Schritt zur Seite, direkt in den Fokus der Überwachungskamera. Ich hatte nicht vor zu schreien, wenigstens nicht gleich. Ich hatte auch nicht vor, mich besonders stark zu wehren. Nur so viel, damit ich später auch einige Spuren mit seiner DNA vorweisen konnte.
Ich habe Jahre auf so eine Gelegenheit gewartet. Als ich ihm oben in der Besprechung begegnete, ahnte ich nicht, wie schnell ich meinem Ziel näher kommen würde.
Auch wenn ich dies freiwillig tat. Wohlgefühlt habe ich mich nach solchen Verabredungen nicht. Da spielte es keine Rolle, wie viele Männer daran beteiligt waren. Während bei mir nach dieser Nacht eine schnelle Nummer im Aufzug gar nicht mehr ins Gewicht fallen würde, ihm würde sie eine mehrjährige Gefängnisstrafe einbringen. Sobald die Aufzugstür zugeht, wird das Gericht die Videoaufzeichnung nur als Indiz, jedoch nicht als eindeutigen Beweis deuten. Der Kratzer auf meinem Handrücken, meine Hautfetzen unter seinen Fingernägeln, sein Sperma und vor allem die Spuren der Gewalt, mit denen mein Körper übersät war, würden für eine Verurteilung ausreichen.
All die Jahre fragte ich mich – wie? Ich schmiedete Pläne und verwarf sie wieder und dann sollte es doch so einfach sein. Ich konnte es kaum glauben. Es war zu schön, um wahr zu sein und dann wurde ich unsanft aus diesem Tagtraum geholt. Hinter meinem Rücken tauchte plötzlich ein uniformierter Arm hervor und entfernte mit einem gekonnten Griff seine Hand von meinem Handgelenk.
„Lassen Sie die Dame in Ruhe und verschwinden Sie!“
Mir schossen Tränen in die Augen. Viele Männer wollten von mir, dass ich ihnen mit Tränen begegne. Es war mir nie gelungen. Nach all den Jahren dachte ich, ich hätte meine gesamten Tränenvorräte verbraucht. Nun wusste ich, dass dem nicht so war und erkannte, worin der Unterschied bestand.
All die Schläge, Erniedrigungen, Demütigungen und Qualen waren unbedeutend im Vergleich mit dem Ziel, dem einzigen Ziel, das ich dabei verfolgte: diesen Mann zerstören, ihn seiner Freiheit berauben, sein Ansehen ruinieren. Das war das Einzige, worauf es in meinem Leben noch ankam. Ihn seiner Seele berauben, so wie er es mit mir getan hatte. Und dieser Aushilfswachmann kam mir dazwischen.
Der Mann sammelte rasch die Scheine zusammen und lief davon. Ich blieb mit dem Mann in der Portieruniform alleine.
„Ich rufe die Polizei an. Sie wollen es bestimmt zur Anzeige bringen.“ Doch er bewegte sich keinen Schritt, starrte mich nur an, sodass ich meinen Blick senkte und mich prüfend ansah, ob eines meiner Kleidungsstücke nicht etwas preisgab, was ich sonst vor der Welt verbarg. Er bemerkte meine Unsicherheit und konterte sofort. „Verzeihung, ich hatte den Eindruck, mein plötzliches Erscheinen hätte Sie mehr erschreckt, als der Typ, der Ihnen an die Wäsche wollte.“
Ich erstarrte, denn dies war genau der Schlag ins Gesicht, den ich keinem der Männer gestattete.
„Kommen Sie, ich mache Ihnen einen heißen Kaffee. Sie zittern ja …“
Ich zitterte vor Wut, gleichzeitig vor Enttäuschung und vor allem vor Entsetzen, denn er hatte recht. Ich erschrak, als er so unerwartet auftauchte. Ich war es weder gewohnt, noch hätte ich jemals damit gerechnet, dass mir jemand zu Hilfe kommen könnte.
„Ich danke Ihnen vielmals.“ Ich schob mir die große Sonnenbrille tiefer ins Gesicht und wartete kurz ab, ob er mich an der Stimme erkennen würde. Er musterte mich zwar, schien zu ahnen, was ich hier zu suchen hatte. Er erkannte mich nicht und das, obwohl wir uns fast täglich begegneten. „Er hat bestimmt nur zu viel getrunken. Morgen wird sein Rausch verflogen sein und er wird sich wünschen, es wäre nie passiert.“
Der Student, der sich mit Nachtdiensten über die Runden hielt, wollte meinen Worten nicht so recht glauben. Er drängte mich weiterhin dazu, doch zur Polizei zu gehen.
„Ich bin müde“, das stimmte. Unter normalen Umständen säße ich längst in einem Taxi und das erste Schmerzmittel würde auch schon seine Wirkung entfaltet haben. Meine Knie gaben langsam nach und dabei hatte ich noch einiges zu erledigen, bevor ich mich ins Bett legen durfte. „Bitte, draußen wartet ein Taxi auf mich. Wenn Sie sich tatsächlich meinetwegen Gedanken machen, dann begleiten Sie mich zum Wagen. Aber ich mag nicht zur Polizei gehen.“
„Ich kann Sie verstehen. Aber nur weil Sie …“ Er verstummte schlagartig und ich konnte mir genau denken, was er sagen wollte. Sogar sein Augenaufschlag verriet mir, was für ein Bild er sich von mir gemacht hatte. Es ließ mich kalt. Vielleicht auch deshalb, weil ich es mir diese Nacht zu genüge anhören musste und mit ausreichend Peitschenhieben dafür bestraft wurde. „Trotzdem gibt das dem Typen nicht das Recht, so mit Ihnen umzugehen.“
Es war ein merkwürdiges Gefühl. Als hätte er mich in einen höheren gesellschaftlichen Stand gehoben oder als wäre ein Teil des Drecks, der seit Jahren an mir haftete, abgeblättert.
„Das mit der Polizei würde nichts bringen. Es ist ja nichts passiert. Er bekommt höchstens eine Geldstrafe, die er sich locker leisten kann. Dafür verbringe ich den halben Tag auf der Wache und versäume andere wichtige Termine.“
Es schien, als würde er sich fragen, was für Termine so eine wie ich tagsüber haben könnte. Aber das mit der geringen Geldstrafe sah er dann doch ein und so begleitete er mich zu dem wartenden Taxi.
Carnivora
Carnivora
I. Teil
Novelle
© 2019 Zoe Zander
Carnivora (1. Teil – Neuauflage von „Geraubte Seele“)
Novelle
Alle Rechte vorbehalten
Cover und Covergestaltung: Jeanette Peters
Buchsatz und Textgestaltung: Zoe Zander
Postadresse:
Zoe Zander
Albertgasse 49/12a
1080 Wien
Email: zander.zoe@gmail.com
Autorenseite: www.zoe-zander.at
Die Menschen sind so, wie sie sind, weil sie genau so sein wollen, oder nicht anders können. Nur weil die Mehrheit behauptet, es ist falsch, so zu sein, so muss es nicht stimmen.
Zoe ZanderDas Buch:
Alex hatte in der Liebe auf den falschen Mann gesetzt. Statt ins Liebesparadies schickte er sie durch die Hölle.
Nach Jahren der Qualen schaffte sie es aus den Fängen des Zuhälters und schwor Rache. Der Mann, den sie eins sehr geliebt hatte, sollte büßen, ihr Vertrauen auf solch niederträchtige Art missbraucht zu haben. Nur dieses Ziel im Fokus, verlor ihr eigenes Leben für sie an Bedeutung.
Informationen zur Autorin finden Sie am Ende des Buches.
Im Abendrot
Ich will mit hundert Sachen
wie ein grüner Efeu
mich wickeln um einen Mast.
Oder am seidenen Faden
es der Raupe gleich tun
und baumeln an einem Ast.
Vielleicht wie ein Falke
mich in schwindelerregender Höhe
kopfüber stürzen von den Klippen.
Und am Feierabend im Mondschein
Mit der Klapperschlange
an einem Glas zu nippen.
In der sengenden Hitze,
mit einem Stein an der Kette,
möchte ich baden gehen.
Bei Schnee oder Regen,
in der Nacht ohne Sterne
auf den Gleisen stehen.
Leicht wie eine Feder
auf knisternden Drähten
werde ich balancieren.
Das gesetzte Ziel habe ich nicht erreicht …
So tut es mich jetzt nach dem Schicksal
einer Eintagsfliege gieren…
Zoe Zander1.1
Die Männer saßen am Tisch und unterhielten sich angeregt. Der Zigarettenrauch hatte inzwischen fast den gesamten Sauerstoff aus dem Raum verdrängt. Schwere Schwaden hingen in der Luft, als wollten sie auf den kurz vor dem Abschluss stehenden Vertrag ihr Siegel setzen.
Die blutrote Sonne war nur noch einen Schritt vom Horizont entfernt. Der Raum versank im Zwielicht. Kaum einer bemerkte, wie ich über die Türschwelle schritt.
Auf leisen Pfoten, so wie es sich gehörte, schlenderte ich an der bodentiefen Fensterfront vorbei. Als hätte ich alle Zeit der Welt …
Hin und wieder blieb ich stehen, räkelte mich am Glas entlang. Als wollte ich jeden einzelnen der letzten Sonnenstrahlen abfangen.
Nun schenkten mir einige von ihnen ihre Blicke. Ihre Gedanken und Aufmerksamkeit gehörten immer noch dem gemeinsamen Gespräch.
Lediglich in einem Paar Augen funkelte es bei meinem Anblick, auch wenn der Gesichtsausdruck nichts von seiner Entzückung verriet.
Ich bog um den Tisch und berührte einen der Männer wie unbeabsichtigt mit meinem Schwanz.
Die Männer unterhielten sich angeregt weiter. Ihre Konzentration galt immer noch dem Gespräch, doch sämtliche Blicke waren längst auf mich gerichtet. Jeder fragte sich, wie ich hierher kam, was ich hier suchte und zu wem ich wohl gehörte. Dieses Geheimnis wollte ich nun lüften …
Leicht wie eine Feder glitt ich zu Boden, machte eine Rolle und verbog mich dabei, als wäre ich aus Gummi. Danach reckte und streckte ich mich, als wäre es das größte Vergnügen, das ich jemals empfunden hätte. Als mein glänzender Samt über den handgeknüpften Teppich streifte, knisterte es laut. Die Männerrunde verstummte. Ich spürte, wie ihre Blicke meinen durchgebogenen Rücken abtasteten und an meiner Schwanzspitze hängen blieben. Ich zeigte mich davon unbeeindruckt und schlich mich langsam an den Mann ran, der es sich gerade auf dem Chesterfield Sofa bequem gemacht hatte. Zuerst schmiegte ich mich mit der Wange an sein Bein, ehe er mir seinen auf Hochglanz polierten Schuh entgegen schob. Ich senkte meinen Kopf zu Boden, streckte meine Zunge über meine Lippen und leckte die glänzende Schuhspitze ab. Sein Arm glitt an der Lehne hinab, er streifte mir mit der Hand über den Rücken, den Po entlang, bis zu meinem Schenkel. Dort schien er den richtigen Platz für seine Hand gefunden zu haben und so ließ er sie dort liegen, solange ich mit seinem Schuh beschäftigt war.
Die Männer starrten mich an. Manche von ihnen waren von ihren Stühlen aufgestanden, weil ihnen die Tischplatte die Sicht auf mich versperrte. Erst als der Inhaber dieses Schuhs zu sprechen begann, füllte sich der Raum erneut mit ihren lauten Stimmen und die Stehenden nahmen wieder ihre Plätze ein. Ich tat so, als hörte ich nicht zu. Als gäbe es nichts Wichtigeres in meinem Leben, als diesen nach Leder riechenden Schuh. Erst als der Mann seine Nägel in meinen Innenschenkel bohrte, hörte ich mit der Schuhpflege auf und schmiegte mich an sein Bein. Mit der Hand streifte er mir erneut über Po und Rücken, kraulte mich hinter meinem spitzen Ohr, ehe er eine Leine an der Öse meines Halsbandes befestigte.
„Ich habe euch ja gesagt, dass ich mir eine Katze zugelegt habe“, bemerkte er ganz nebenbei und ohne jedweden Ausdruck von Freude.
„Ja schon, aber …“, flüsterte einer der Männer.
„Das ist doch eine Katze, oder etwa nicht?“, fragte er nach und blickte dabei in die Runde, als ob er tatsächlich eine Antwort darauf erwarten würde.
Ja, ich war eine Katze, heute jedenfalls. Nein, ich war keine junge Schauspielerin, die jede Rolle annahm, nur um weiter zu kommen. Ich war eine Hure. Doch längst nicht mehr diese unscheinbare Nutte, die meine große Liebe einst aus mir gemacht hatte. Ich war nicht mehr auf jeden Freier angewiesen, sondern durfte mir mein Klientel selbst aussuchen. Und das tat ich mit größter Sorgfalt und nach ganz bestimmten Kriterien. Die Männer fühlten sich entsprechend geehrt, wenn sie zu den Auserwählten zählten.
„Hat sie auch einen Namen?“, fragte der Mann nach, dem ich vorhin mit dem Schwanz über die Wölbung seiner Anzughose geglitten war. Er war für mich kein Unbekannter, auch wenn er nicht ahnte, wer sich unter dem engen Tierkostüm aus Samt verbarg.
So lange habe ich auf die Gelegenheit gewartet, ihm erneut zu begegnen. Nun war ich überrascht, wie kalt mich seine Nähe ließ. War ich zu professionell geworden, oder wurde ich damals tatsächlich meiner Seele beraubt und konnte nunmehr weder Trauer, Hass noch Freude oder Glück empfinden?
Dies war kein passender Augenblick, um über solche Dinge nachzudenken.
Der Inhaber des Lederschuhs griff nach dem mit Swarovski-Steinen geschmückten Schild auf meinem Halsband.
„Cloe.“
Ich musste nicht in sein Gesicht sehen, um zu wissen, dass er über den Namen, den ich mir heute selbst gegeben hatte, schmunzelte.
Plötzlich packte er zu, sodass manche der Männer erschrocken zusammenfuhren. Nur ich blieb ruhig, auch wenn er so fest an meinem Halsband zog, dass ich kaum noch Luft bekam. Ruhig, als wäre sein Vorgehen das Natürlichste der Welt, legte ich ihm meine Hand im Samthandschuh auf das Knie und rutschte zwischen seine Beine. Während er weiter an meinem Halsband zog und mir die Kehle zuschnürte, öffnete ich seine Gürtelschnalle und den Hosenbund. Erst als ich sein Glied in den Händen hielt, lockerte er ein wenig seinen festen Griff.
„Lasst es uns endlich zum Abschluss bringen, ich habe heute noch einiges vor.“
Man konnte direkt ein unterschwelliges Grinsen aus seiner Stimme heraushören, aber auch davon ließ ich mich nicht beeindrucken. Stattdessen erfüllte ich meine Aufgabe, so wie es vor Wochen telefonisch vereinbart wurde.
Mein Terminkalender war gar nicht so belegt, wie es mancher vermuten würde. Meine Dienste waren jedoch sehr anspruchsvoll. Sie verlangten mir und meinem Körper sehr viel ab. Ich brauchte ausreichend Zeit, um mich zu erholen. Und bevor der versprochene Betrag nicht auf meinem Konto erschien, verabredete ich mich grundsätzlich zu keinem Treffen.
Während die anderen weiter über legale und weniger offizielle Preisabsprachen diskutierten, schwieg er. Er mochte zwar so tun, als würde sich dieses orale Vergnügen, das ich ihm bereitete, von all den anderen, die er bereits erlebt hatte, nicht unterscheiden. Als ich jedoch seine Lust in mich aufsog, laut schluckte, mir genüsslich mit der Zunge über die Lippen glitt und sagte: „Danke mein Herr“, konnte ich die staunenden und neidischen Blicke der anderen in dem Leuchten seiner Augen sehen. Ihm gefielen die Reaktionen der Zuschauer sehr. Für mich waren die Zuschauer heute nur Statisten, also schenkte ich ihnen keine Beachtung.
Während ich sein Glied wieder in seiner Hose verstaute, brachte er das Gespräch der Männerrunde zum Abschluss und richtete dann seine Worte an mich.
„Ich hab ein Geschenk für dich, Cloe. Du findest es im Nebenzimmer. Ich will, dass du dort auf mich wartest. Ich hoffe, du weißt, was ich von dir erwarte.“ Seine Stimme klang kühl, genau so war auch sein Gesichtsausdruck. Auch das beeindruckte mich nicht.
Alles nur Worte, leere Phrasen und Rollenspiele.
Doch während all die Männer, mit denen ich mich traf, neben ihren Realitäten jedes Mal nur in eine Rolle schlüpften, hatte ich Tausende in meinem Repertoire und in diesem Moment war ich eben eine Katze.
„Ja, mein Herr, ich werde mein Bestes tun.“ Ich stand langsam auf und genauso langsam begab ich mich aus dem Raum. Noch war ich eine Katze und Katzen haben bekanntlich ihren eigenen Kopf. Sie tun und lassen, was sie wollen und das gänzlich unbeeindruckt von irgendwelchen Befehlen.
Ich kniete nackt auf dem Teppichboden, saß dabei auf meinen Fersen. Mein Oberkörper war aufgerichtet, die Schultern nach hinten gedrückt, der Kopf hochgehoben, als wäre ich unheimlich stolz darauf, mich so zu präsentieren. In meinen Händen hielt ich das, was er als Geschenk bezeichnete, und ich streckte es der Tür entgegen, als wollte mein Herr jeden Augenblick hereinkommen. So verharrte ich bereits gute fünfzehn Minuten und es konnte noch genauso gut eine Stunde dauern, bevor er sich blicken lassen würde. Aber das gehörte zu meinen Aufgaben und ich hatte lange dafür trainiert.
Irgendwann wurden die Stimmen im Nebenraum weniger, bis nunmehr zwei übrig blieben. So unberührt und desinteressiert ich mich die ganze Zeit gab, wusste ich nun über einiges Bescheid. Unter anderem auch, dass die Versicherung, die erst gestern in ihrer neuen Werbeaktion verkünden ließ, die Bestnoten in allen Konsumententests bekommen zu haben, dank der Beziehungen dieser Männerrunde dieses Quartal nicht überleben wird. Das würde enorme Auswirkungen auf den Aktienmarkt haben.
Ich war eine Hure. Ich war jedoch nicht eine geworden, weil ich nichts gelernt hatte, womit ich für meinen Unterhalt sorgen könnte. Ich war nicht dumm, bestimmt aber naiv, dazu unheimlich verliebt und er … Er war verheiratet und das war er immer noch. Nur damals machte er mir Komplimente, brachte mir Blumen, versprach mir das Blaue vom Himmel und dass er sich scheiden lassen würde. Ich war jung und er war für mich da, als sich mein Vater über Nacht aus meinem und dem Leben meiner Mutter schlich. Ich vertraute ihm, denn er sprach von Scheidung und Hochzeit und bat sogar meine Mutter um ihre Zustimmung, da ich erst sechzehn war. Meine Mutter jagte ihn damals zum Teufel und ich ging freiwillig mit ihm mit, träumte dabei von einem weißen Kleid mit einer langen Schleppe.
Doch dann fing seine Frau an, Probleme zu machen. Sie wollte der Scheidung nur zustimmen, wenn er ihr genügend Geld zahlen würde. Geld, das er angeblich nicht hatte. Ich konnte nicht ertragen, dass er so traurig war, wollte alles tun, nur um ihm zu helfen und das sollte ich auch. Mal mit seinem Freund, mal mit dem Geschäftspartner, später mit fremden Männern. Aber das Geld reichte noch lange nicht. Dann stellte er mir eines Tages jemanden vor, der dafür sorgen sollte, dass ich genug verdiene.
Meine Treffen mit den fremden Männern wurden ihm bald wichtiger als unsere gemeinsamen Stunden. Wir sahen uns immer seltener. Dann ließ er sich eines Tages gar nicht mehr blicken. Noch heute hallt mir das verhöhnende Lachen des Zuhälters im Kopf, als ich ihm damals sagte, dass ich gehe. Ich schaffte es nicht mal bis zur Tür. An dem Tag schlug er mich das erste Mal bewusstlos. Zwei Tage später schickte er mich mit einer Gehirnerschütterung schon wieder auf den Strich. Er sagte, mein Exfreund hätte mich ihm als Pfand überlassen. Für das Geld, das er ihm schuldete. Ich müsste diese Schulden nun abarbeiten. Erst wenn diese beglichen wären, würde er mich gehen lassen.
Als er mich eines Nachts im strömenden Regen hinter der Absperrung auf einer Brücke aufgriff, von der ich springen wollte, sperrte er mich in seinem Bordell ein. Es vergingen zwei lange Jahre, ehe ich wieder an die frische Luft durfte. Da war ich zwar um ein Vermögen ärmer, dafür gehörte mein Körper endlich wieder mir und ich konnte bei Null anfangen.
Frei war ich noch lange nicht …
„Was kostet die Kleine in der Stunde?“
Seit unserer letzten Begegnung waren inzwischen zwölf Jahre vergangen. Sein Aussehen mochte sich verändert haben, seine Stimme erkannte ich sofort. Der Inhaber des Lederschuhs lachte kurz amüsiert.
„Ruf mich morgen an, dann erkläre ich dir alles.“ Er legte seine Hand auf den Türgriff und wollte schon das Zimmer betreten, in dem ich mich befand.
„Hier hast du meine Karte.“ Eine weiße Karte wurde durch den Türspalt gereicht. „Darauf steht die Adresse meines Hotels. Schicke sie nachher zu mir rüber.“ Der Inhaber des Lederschuhs blickte kurz zu mir. Ich streckte ihm weiterhin reglos die Hände entgegen, als wäre ich zu Stein geworden und sah ihn dabei an, als hätte ich kein einziges der gesprochenen Worte vernommen.
„Nein“, antwortete er entschlossen. „Komm morgen zu mir ins Büro, aber lass mich jetzt mit ihr alleine. Ich habe zu tun.“ Er schob ihn mit der Hand zurück, damit er die Tür hinter sich schließen konnte.
Er stand noch einen langen Moment da, als würde er überlegen, ob er richtig gehandelt hatte. Es ging jedoch nicht darum, ob er seinen Freund mit seiner abweisenden Art beleidigt haben könnte. Er war sich nicht sicher, wie ich auf diesen kleinen Zwischenfall reagieren würde.
Abwartend starrte er mich an, aber ich zuckte nicht einmal mit der Wimper. Langsam kam er auf mich zu. Die ersten Schritte waren noch zaghaft, doch rasch gewann er an Selbstvertrauen und mit zunehmender Sicherheit fühlte er sich wieder mächtig.
„Bitte sehr, mein Herr. Ich stehe zu Ihren Diensten.“
Er neigte sich zu mir runter, doch seine Aufmerksamkeit galt nicht mir, sondern der Leine, die zwischen meinen Brüsten hing. Er nahm sie in die Hand. Als hätte er einen Befehl ausgesprochen, stand ich auf und ging ihm nach.
Wir blieben vor einem Tisch stehen. Dem einzigen Tisch in diesem Raum. Die Sachen, die darauf lagen, habe ich bereits gesehen, als ich mich vorhin entkleidete. Und auch wenn mein Kostüm wesentlich teurer war, als die Ledermanschetten und andere Utensilien, die sich auf dem Tisch befanden und sogar die Peitsche, die ich in den Händen hielt, lag alles, was mir gehörte, neben dem Tisch auf dem Boden. Denn hier und jetzt war dies alles, inklusive meiner Person nichts wert.
Er ließ die Leine los und legte mir die Manschetten an, ohne dass ich die Peitsche ablegen durfte.
„Danke, mein Herr“, erwiderte ich ergeben, solange ich noch konnte. Anschließend bekam ich einen roten Ballknebel zwischen die Zähne, den er mir am Hinterkopf mit einem Riemen fixierte. Dann nahm er die Leine wieder in die Hand und kaum machte er den ersten Schritt, folgte ich ihm wieder.
Der Raum war klein und wir bewegten uns im Kreis, als wollte er damit einen langen Spaziergang simulieren. Unter anderen Umständen hätte ich es vielleicht als lächerlich empfunden, aber hier und vor allem in diesem Moment, war ihm alles erlaubt. Alles, was vor Wochen am Telefon vereinbart worden war. Über den Sinn und die Ernsthaftigkeit des Ganzen machte ich mir hier keine Gedanken. Denn hier und vor allem in diesem Moment, war ich nicht Ich, sondern Cloe, die Katze.
Den Haken in der Decke hatte ich gleich bemerkt, als ich diesen Raum betrat. Statt der Kette, an deren letztes Glied er nun die Karabiner meiner Handmanschetten befestigte, hing dort früher wahrscheinlich ein Lüster.
Er kam mir ganz nahe, so nahe, dass sich beinahe unsere Nasenspitzen berührten, und sah mir in die Augen.
„Du bist wunderschön. Genau so, wie ich dich haben wollte. Dein rabenschwarzes langes Haar …“, bemerkte er fasziniert. „Und diese leuchtenden grünen Augen … Ich wusste, dass ich mich auf dich verlassen kann.“
Im selben Augenblick holte er mit dem Arm weit aus. Ich blickte ihm weiter ins Gesicht, denn was auch immer hier heute noch passieren würde, ins Gesicht schlagen würde er mir nicht. Es war ein Teil der Vereinbarung und an diese hielten sich die Männer.
Ich inserierte nicht, ich wurde empfohlen. Ich bot etwas an, was es sehr selten am Markt gab, wenn überhaupt. Ich hatte mich nie erkundigt und war nie interessiert, mich mit der Konkurrenz zu vergleichen. Ich wollte nicht die Beste sein, ich war die Beste. Alleine deshalb, weil ich ein anderes Ziel verfolgte, als die üblichen Träume anderer Frauen von Reichtum. Ich richtete mich auch nicht nach irgendwelchen Modeerscheinungen in irgendwelchen Szenen, neuesten Trends, und es war mir egal, welche Fachausdrücke es für meine Dienste gab. Ich hatte den Ruf, alles zu tun, wonach den Männern war, sofern sich diese an meine Regeln hielten.
Auf den Zehenspitzen stehend, mit gefesselten Armen und einem Knebel im Mund würde ich zwar nichts gegen eine Ohrfeige unternehmen können. Danach jedoch würde mich dieser Mann kein zweites Mal zu Gesicht bekommen und dies sprach sich schneller herum, als ich Termine vergeben konnte. Ein Nein aus meinem Mund galt bereits in meinen Anfangszeiten schon fast als ein Fluch. Nicht selten folgte meiner Ablehnung eines Mannes auch sein gesellschaftlicher Abstieg.
Er bückte sich, um die Peitsche aufzuheben, die mir aus den Händen gefallen war. Ich hatte sie nicht wirklich festgehalten. Sie lag nur auf meinen offenen Handflächen, wie auf einem Tablett. Er hatte sie mir regelrecht aus den Händen geschlagen, als er nach meinem Handgelenk griff, um den Karabiner an dem Kettenglied zu befestigen. Nicht dass ich mir darüber Gedanken gemacht hätte. An Orten wie diesen machte ich mir kaum Gedanken. Hier war ich schließlich nicht das Mädchen, das mit sechzehn die Schule abbrach und erst mit zweiundzwanzig den Schulabschluss nachholte, um danach fast in Rekordzeit fünf Semester des Jurastudiums zu absolvieren.
Das laute Sausen und der Hieb kamen fast zeitgleich. Ich biss in den Knebel und kniff dabei die Augen für einen Augenblick zu. Das war dafür, weil ich die Peitsche hab fallen lassen.
Der nächste Hieb ließ nicht lange auf sich warten. Der war dafür, weil Cloe, die Katze, mit seinem Geschäftspartner kokettierte. Und obwohl es weitere Hiebe auf meinen Rücken prasselte, galten diese in Wirklichkeit seiner Frau, die seine Kohle für jedweden Unsinn ausgab, inklusive verjüngender chirurgischer Eingriffe und regelmäßiger Schlankheitskuren.
Nach ungefähr einer halben Stunde war mir eine kurze Pause vergönnt. Da ging er zum Tisch, um die Spreizstange zu holen. Ich atmete durch die Nase tief durch, um wieder Kontrolle über meinen Körper zu erlangen. Mein Rücken brannte wie Feuer und daran war nicht nur das heiße Wachs schuld, dass er mir zuerst über die Schultern bis zum Steißbein gegossen hatte, ehe er es mit der Peitsche von meinem Körper wieder runter schlug. Ich erwischte mich dabei, dass mein Kopf doch nicht so gedankenfrei war wie sonst. Die so lange herbeigesehnte Begegnung machte mir mehr zu schaffen, als ich es anfangs für möglich hielt. Ich zitterte, aber er bemerkte nichts davon, denn mein Zittern ging in dem nächsten Satz Hiebe unter.
Er drückte sich von hinten an mich ran, rieb seinen Hosenstall an meinem Po, während er mir mit den Fingern in die Nippel kniff. Ich stöhnte leise und neigte dabei den Kopf zur Seite. Für ihn war es die Geste einer Aufforderung, mir ins Ohr zu flüstern:
„Heut giert es mir nach mehr.“ Dabei bohrte er mir seine kurzen Nägel in die Nippel, bis er mit der Lautstärke meines Stöhnens zufrieden war.
„Heut wirst du laut schreien, vor Schmerz und vor Lust, Cloe.“ Er tauschte die Peitsche gegen eine Gerte und stellte sich diesmal vor mich hin.
„Du Katze!“
Der Hieb hinterließ eine blutrote Spur auf meinem Bauch.
„Ich hasse Katzen. Meine Frau hat vier davon.“
Mit der Spreizstange zwischen den Knöcheln konnte er mich ungehindert auf meine Innenschenkel schlagen.
Plötzlich ließ er den dünnen Stock fallen und holte aus seinen Jackentaschen die ersten Holzklammern. Er grinste mich nur herablassend an, als mir ein großer Batzen Spucke auf die Brust klatschte. Dann klemmte er mir die ersten Holzklammern an die Nippel. Weitere vier am Rand der Vorhöfe, dann seitlich den Brustkorb entlang, bis hin zu den Leisten, Schamlippen und schließlich auch eine auf den Kitzler. Ich versuchte die Knie zusammenzuziehen, was natürlich wegen der Spreizstange unmöglich war, aber ihm gefiel dieser misslungene Versuch und nur darauf kam es an.
„Ich hasse diese Katzen.“
Weitere Klammern fanden an meinen Innenschenkeln Platz.
„Kleine faule Viecher, die sich den ganzen Tag nur herumräkeln.“
Mit den Fingern tippte er eine Klammer nach der anderen an. Jedes Mal schoss ein schmerzvoller Impuls durch meinen Körper und ich stöhnte laut.
Er hob die Gerte vom Boden auf und tippte nun mit dieser mehrere Klammern auf einmal an. Ich runzelte die Stirn, zischte laut und versuchte mich der Gerte zu entziehen. Mit so eingeschränkter Bewegungsfreiheit war es ein Ding der Unmöglichkeit. Aber schließlich wartete er darauf, dass ich mich widersetzen würde, sonst hätte er kaum einen Grund, um weiter zu machen. Nicht, dass er in seiner Rolle einen Grund dafür brauchte, aber so bereitete es ihm sichtlich mehr Vergnügen.
„Diese Viecher mit ihrem pechschwarzen Fell …“
Mit der freien Hand griff er mir an meinen straff geflochtenen Zopf.
„So schwarz wie dein Haar …“
Obwohl er in der anderen Hand die Gerte hielt, packte er die Klammer an meiner linken Brust und drehte sie. Es fühlte sich an, als hätte man mir eine lange Nadel quer durch den Körper getrieben, bis hin zu meiner Blase. Vor Schmerz hätte ich mich fast angepinkelt.
„Am liebsten würde ich ihnen in den Arsch treten!“, rief er laut, „und meiner Frau auch“, zischte er wesentlich leiser. Er ging um mich herum und zog mir die Gerte mit einem lauten Pfiff über die Pobacken. Anschließend griff er mir zwischen die Beine, glitt mir mit den Fingern bis zu der Klammer am Kitzler und zog sie runter. Ich riss an der Kette, als wollte ich mich loslösen, und meine Scham schützend mit meinen Händen bedecken, auch wenn ich wusste, dass es mir nicht gelingen würde.
Er stellte sich seitlich zu mir hin, schlug mir mehrmals mit der Gerte über die Pobacken, griff mir anschließend mit der anderen Hand von vorne zwischen die Beine, nur um festzustellen, dass ich genau so eine rollige Schlampe war, wie die Katzen seiner Frau, die es mit jedem Kater in der Nachbarschaft trieben. Zum Glück waren diese kastriert. Er wünschte, seine Frau wäre es auch, denn die Pille würde sie fett machen, also verweigerte sie diese und somit auch ihm den …
„… Sex!“, brüllte er laut und mit genau solcher Kraft, wie in der Stimme, schlug er erneut zu. Ich verlor den Halt und baumelte eine Weile hin und her.
„Dabei ist die Lösung so simpel“, fuhr er entspannt fort, nachdem er mit dem Zeigefinger zwischen meinen Backen meinen After fand, als Wegweiser für sein steifes Glied. Er stieß fest zu, während er mir mal mit der rechten, dann mit der linken Hand eine Klammer nach der anderen vom Körper riss. Entsprechend verbog ich mich in die Richtung des Schmerzes, was so aussah, als würde ich mich in seinen Händen winden.
Er machte einen halben Schritt nach hinten, hielt mich dabei an den Hüften fest. Ich verlor den Boden unter den Füßen und hing somit in seinen Händen, wie eine Marionette, ihm ausgeliefert. Bereit, von ihm für sein Spiel benutzt zu werden.
Irgendwann drückte er so fest zu, dass ich dachte, er würde mir die Hüften zertrümmern. Daraufhin versenkte er kurz sein Gesicht zwischen meinen Schulterblättern.
„Ich habe Lust, deinen Arsch heute noch öfters zu ficken. Du hast nun dafür zu sorgen, dass ich es kann.“ Während er sprach, löste er die Karabiner von der Kette, und da ich keinen festen Halt hatte, plumpste ich wie ein Sandsack runter auf den Boden. Mit offenem Hosenstall begab er sich zum Tisch und stöberte das Folterwerkzeug durch.
„Erst dann ist dein Dienst hier zu Ende. Und je länger du dafür brauchst, umso härter fällt deine Strafe aus.“ Er kam mit einem Satz Metallklammern zurück, stellte sich vor mich hin und wartete, bis ich mich mit zusammengebundenen Handgelenken und der Spreizstange zwischen den Knöcheln aufrichtete.
Ich wusste, dass ich um die Strafe nicht herumkomme. Schließlich sorgte gerade meine Bestrafung bei ihm für genügend Lust. Ich wartete, bis er mir den Knebel abnahm, und gab ihm zu verstehen, wie sehr ich mich um das Ausführen seiner Anweisung bemühen würde.
„Ja, mein Herr. Vielen Dank, mein Herr. Ich werde mein Bestes tun, um jede Ihrer Aufgaben und Wünsche zu Ihrer vollsten Zufriedenheit zu erfüllen.“
Irgendwann bekam er tatsächlich genug. Er nahm mir die Manschetten ab und ließ mich alleine, damit ich mich in Ruhe duschen, anziehen und meine anderen Sachen zusammenpacken konnte.
Als ich aus dem Zimmer kam, stand er am Fenster und blickte dem Sonnenaufgang entgegen. So sehr er die letzten Stunden auf Augenkontakt achtete, traute er sich jetzt nicht, mich anzusehen. „Das Taxi wartet schon“, blickte er in die Ferne.
Wortlos begab ich mich zur Tür. Ehe ich hinter dieser verschwand, drehte er sich doch noch um. „Ich möchte mich für das Verhalten meines Freundes entschuldigen.“
Ich zauderte nicht einmal und ging weiter, als würde ich seinen Worten keine Beachtung schenken.
Ich stieg aus dem Aufzug und lief ihm direkt in die Arme.
„Na das war aber eine lange Nummer. Hat es ihm bei deinem Anblick die Sprache verschlagen oder konnte er gar nicht genug von dir kriegen?“
Er packte mich am Unterarm und versuchte mich zurück in den Aufzug zu drängen. Mit der anderen Hand holte er ein kleines Bündel Scheine aus der Jackentasche und wollte sie mir in den Ausschnitt meiner Bluse stecken. Ich schlug sie ihm aus der Hand. Sie landeten breit zerstreut auf dem Marmorboden. Er sah nicht mal nach, als wäre ihm das Geld egal und fuhr fort:
„Ich hoffe, er hat noch was für mich übrig gelassen“, grinste er mich abwertend an und versuchte, mir mit der anderen Hand in den Schritt zu fassen.
„Lassen Sie mich los, sonst fange ich an zu schreien.“ Ich machte einen Schritt zur Seite, direkt in den Fokus der Überwachungskamera. Ich hatte nicht vor zu schreien, wenigstens nicht gleich. Ich hatte auch nicht vor, mich besonders stark zu wehren. Nur so viel, damit ich später auch einige Spuren mit seiner DNA vorweisen konnte.
Ich habe Jahre auf so eine Gelegenheit gewartet. Als ich ihm oben in der Besprechung begegnete, ahnte ich nicht, wie schnell ich meinem Ziel näher kommen würde.
Auch wenn ich dies freiwillig tat. Wohlgefühlt habe ich mich nach solchen Verabredungen nicht. Da spielte es keine Rolle, wie viele Männer daran beteiligt waren. Während bei mir nach dieser Nacht eine schnelle Nummer im Aufzug gar nicht mehr ins Gewicht fallen würde, ihm würde sie eine mehrjährige Gefängnisstrafe einbringen. Sobald die Aufzugstür zugeht, wird das Gericht die Videoaufzeichnung nur als Indiz, jedoch nicht als eindeutigen Beweis deuten. Der Kratzer auf meinem Handrücken, meine Hautfetzen unter seinen Fingernägeln, sein Sperma und vor allem die Spuren der Gewalt, mit denen mein Körper übersät war, würden für eine Verurteilung ausreichen.
All die Jahre fragte ich mich – wie? Ich schmiedete Pläne und verwarf sie wieder und dann sollte es doch so einfach sein. Ich konnte es kaum glauben. Es war zu schön, um wahr zu sein und dann wurde ich unsanft aus diesem Tagtraum geholt. Hinter meinem Rücken tauchte plötzlich ein uniformierter Arm hervor und entfernte mit einem gekonnten Griff seine Hand von meinem Handgelenk.
„Lassen Sie die Dame in Ruhe und verschwinden Sie!“
Mir schossen Tränen in die Augen. Viele Männer wollten von mir, dass ich ihnen mit Tränen begegne. Es war mir nie gelungen. Nach all den Jahren dachte ich, ich hätte meine gesamten Tränenvorräte verbraucht. Nun wusste ich, dass dem nicht so war und erkannte, worin der Unterschied bestand.
All die Schläge, Erniedrigungen, Demütigungen und Qualen waren unbedeutend im Vergleich mit dem Ziel, dem einzigen Ziel, das ich dabei verfolgte: diesen Mann zerstören, ihn seiner Freiheit berauben, sein Ansehen ruinieren. Das war das Einzige, worauf es in meinem Leben noch ankam. Ihn seiner Seele berauben, so wie er es mit mir getan hatte. Und dieser Aushilfswachmann kam mir dazwischen.
Der Mann sammelte rasch die Scheine zusammen und lief davon. Ich blieb mit dem Mann in der Portieruniform alleine.
„Ich rufe die Polizei an. Sie wollen es bestimmt zur Anzeige bringen.“ Doch er bewegte sich keinen Schritt, starrte mich nur an, sodass ich meinen Blick senkte und mich prüfend ansah, ob eines meiner Kleidungsstücke nicht etwas preisgab, was ich sonst vor der Welt verbarg. Er bemerkte meine Unsicherheit und konterte sofort. „Verzeihung, ich hatte den Eindruck, mein plötzliches Erscheinen hätte Sie mehr erschreckt, als der Typ, der Ihnen an die Wäsche wollte.“
Ich erstarrte, denn dies war genau der Schlag ins Gesicht, den ich keinem der Männer gestattete.
„Kommen Sie, ich mache Ihnen einen heißen Kaffee. Sie zittern ja …“
Ich zitterte vor Wut, gleichzeitig vor Enttäuschung und vor allem vor Entsetzen, denn er hatte recht. Ich erschrak, als er so unerwartet auftauchte. Ich war es weder gewohnt, noch hätte ich jemals damit gerechnet, dass mir jemand zu Hilfe kommen könnte.
„Ich danke Ihnen vielmals.“ Ich schob mir die große Sonnenbrille tiefer ins Gesicht und wartete kurz ab, ob er mich an der Stimme erkennen würde. Er musterte mich zwar, schien zu ahnen, was ich hier zu suchen hatte. Er erkannte mich nicht und das, obwohl wir uns fast täglich begegneten. „Er hat bestimmt nur zu viel getrunken. Morgen wird sein Rausch verflogen sein und er wird sich wünschen, es wäre nie passiert.“
Der Student, der sich mit Nachtdiensten über die Runden hielt, wollte meinen Worten nicht so recht glauben. Er drängte mich weiterhin dazu, doch zur Polizei zu gehen.
„Ich bin müde“, das stimmte. Unter normalen Umständen säße ich längst in einem Taxi und das erste Schmerzmittel würde auch schon seine Wirkung entfaltet haben. Meine Knie gaben langsam nach und dabei hatte ich noch einiges zu erledigen, bevor ich mich ins Bett legen durfte. „Bitte, draußen wartet ein Taxi auf mich. Wenn Sie sich tatsächlich meinetwegen Gedanken machen, dann begleiten Sie mich zum Wagen. Aber ich mag nicht zur Polizei gehen.“
„Ich kann Sie verstehen. Aber nur weil Sie …“ Er verstummte schlagartig und ich konnte mir genau denken, was er sagen wollte. Sogar sein Augenaufschlag verriet mir, was für ein Bild er sich von mir gemacht hatte. Es ließ mich kalt. Vielleicht auch deshalb, weil ich es mir diese Nacht zu genüge anhören musste und mit ausreichend Peitschenhieben dafür bestraft wurde. „Trotzdem gibt das dem Typen nicht das Recht, so mit Ihnen umzugehen.“
Es war ein merkwürdiges Gefühl. Als hätte er mich in einen höheren gesellschaftlichen Stand gehoben oder als wäre ein Teil des Drecks, der seit Jahren an mir haftete, abgeblättert.
„Das mit der Polizei würde nichts bringen. Es ist ja nichts passiert. Er bekommt höchstens eine Geldstrafe, die er sich locker leisten kann. Dafür verbringe ich den halben Tag auf der Wache und versäume andere wichtige Termine.“
Es schien, als würde er sich fragen, was für Termine so eine wie ich tagsüber haben könnte. Aber das mit der geringen Geldstrafe sah er dann doch ein und so begleitete er mich zu dem wartenden Taxi.